Epilepise-Medikament: Teurer, aber nicht besser
Das neue Medikament Fycompa ist viel teurer als <br />
bisherige Mittel gegen Epilepsie. Fachleute stellen jetzt fest: Es ist nicht belegt, dass es auch besser wirkt.
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saldo 06/2013
03.04.2013
Christian Egg
Die Herstellerfirma sparte nicht mit grossen Worten. Fycompa sei «das erste Medikament einer völlig neuen Behandlungsklasse», schrieb sie Mitte März in einer Medienmitteilung. Als erstes Medikament blockiere es die Glutamat-Rezeptoren im Gehirn.
Glutamat dient im Nervensystem als wichtiger Botenstoff. Schon länger vermuten Forscher, dass er am Auftreten epileptischer Anfälle beteiligt ist. Ein solcher Anfall entsteht, wenn sich Nervenzellen im ...
Die Herstellerfirma sparte nicht mit grossen Worten. Fycompa sei «das erste Medikament einer völlig neuen Behandlungsklasse», schrieb sie Mitte März in einer Medienmitteilung. Als erstes Medikament blockiere es die Glutamat-Rezeptoren im Gehirn.
Glutamat dient im Nervensystem als wichtiger Botenstoff. Schon länger vermuten Forscher, dass er am Auftreten epileptischer Anfälle beteiligt ist. Ein solcher Anfall entsteht, wenn sich Nervenzellen im Gehirn plötzlich gleichzeitig entladen. Die Folgen reichen von Sehstörungen oder Muskelzucken bis hin zur Bewusstlosigkeit. Nach einigen Minuten ist der Anfall meist vorbei.
«Für ein seriöses Urteil ist es zu früh»
Doch ob Fycompa wirklich besser wirkt als bewährte Medikamente, ist offen. Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat die bisherigen Studien ausgewertet. Das Fazit ist vernichtend: «Es lässt sich kein Zusatznutzen gegenüber den bisherigen Standardtherapien ableiten.»
Fachleute in der Schweiz sind ebenfalls zurückhaltend. Für Kaspar Schindler, Arzt und Epilepsie-Spezialist am Berner Inselspital, ist es zwar «interessant», dass Fycompa einen neuen Wirkmechanismus biete. «Aber es ist zu früh, um ein seriöses Urteil über einen allfälligen Zusatznutzen fällen zu können.»
Auch der Arzt Urspeter Masche von der Fachzeitschrift «Pharma-Kritik» sagt, dass man mit Fycompa nur wenig Erfahrung habe – «vor allem, was Nebenwirkungen und das Anwenden über lange Zeit betrifft». Allerdings sei die Lebensqualität von Betroffenen stark eingeschränkt, wenn die bisherigen Medikamente weitere epileptische Anfälle nicht verhindern könnten. «Für solche Patienten kann ein Versuch mit Fycompa gerechtfertigt sein», sagt Masche.
Tatsache ist: Fycompa ist teuer. Die Behandlung kostet gut 3000 Franken pro Jahr. Von den älteren Medikamenten mit den Wirkstoffen Lamotrigin und Topiramat gibt es Generika. Sie kosten – je nach Präparat und benötigter Dosis – nur 460 bis rund 2000 Franken pro Jahr.
Hoher Preis aufgrund eines Ländervergleichs
Die Preise hat das Bundesamt für Gesundheit bewilligt. Es schreibt saldo, es habe den Preis für Fycompa aufgrund eines Vergleichs mit anderen Ländern festgelegt. In Deutschland etwa sei das Mittel teurer als in der Schweiz. Zudem seien «auch die Kosten für Forschung und Entwicklung zu berücksichtigen». Fycompa-Herstellerin Eisai schreibt, jeder dritte Epilepsie-Patient leide trotz Medikamenten weiterhin an Anfällen. Die Firma beruft sich nicht auf Studien, sondern auf die «klinische Erfahrung» mit Fycompa. Diese zeige, dass es die Häufigkeit von Anfällen senken könne.