Wer alten Schmuck erbt, weiss oft nicht recht, was er damit tun soll. Warum nicht verkaufen? An potenziellen Ankäufern fehlt es jedenfalls nicht. Viele Juweliere nehmen Altgold in Zahlung. Zahlreiche werben damit, für Schmuck «Höchstpreise in bar» zu bezahlen.
Doch nur wenige lösen das Versprechen fairer Preise auch wirklich ein. Das zeigt eine Stichprobe. Für diese bot ein saldo-Redaktor als Privatkunde geerbten Familienschmuck an. Er besuchte 16 Juweliere und Schmuckankäufer in Basel, Bern, Fribourg und Zürich.
Ergebnis: Die Offerten unterscheiden sich erheblich. So boten die Ankäufer für die gleiche Goldkette zwischen 270 und 550 Franken – eine Differenz von über 100 Prozent.
Vorab liess saldo die Schmuckstücke von einem Sachverständigen begutachten und schätzen, den der Verband Schweizer Goldschmiede und Uhrenfachgeschäfte empfohlen hatte: dem Zürcher Goldschmied Peter Loosli.
Silber und Elfenbein: Händler zeigten keinerlei Interesse
Dabei erlebte der saldo-Redaktor eine erste Überraschung. Alle vorgelegten Schmuckstücke aus Silber oder Elfenbein taxierte der Experte als unverkäuflich und nahezu wertlos: «Für antiken Schmuck aus diesem Material gibt es nur einen äusserst kleinen Markt.»
Dies bestätigte die Stichprobe: Kein Ankäufer zeigte ein spürbares Interesse an Silber- und Elfenbeinschmuck. Nur vier gaben überhaupt Offerten ab, wobei sie in der Regel ein Gramm Silber mit 20 bis 40 Rappen berechneten.
Alter Goldschmuck lässt sich besser verkaufen. «Doch auch hier machen sich Laien oft falsche finanzielle Vorstellungen», sagt Experte Loosli. Viele schlössen vom Alter, der Kunstfertigkeit der Verarbeitung oder dem Glanz der Steine auf einen hohen Wert. Tatsächlich berechneten die getesteten Schmuckankäufer den Preis in erster Linie nach Gewicht und Goldgehalt der Schmuckstücke.
Die meisten Ankäufer verwerten den alten Schmuck später nämlich als Altgold, für die Steine haben sie keine Verwendung. Haben sie ein paar hundert Gramm Altschmuck gesammelt, liefern sie ihn an eine Scheideanstalt. Diese schmilzt und reinigt das Gold und verkauft es weiter.
Viele Angebote tiefer als die Expertenschätzung
Wie die saldo-Stichprobe zeigt, ist die Preisgestaltung der meisten Schmuckankäufer intransparent. Sie prüfen die Echtheit des Schmucks, wiegen ihn, bestimmen den Goldgehalt und geben dann eine Offerte ab. Mit welchem Preis pro Gramm sie operieren und wie viel sie warum abziehen, blieb ungesagt.
Der Sachverständige Loosli berechnete für seine Schätzung Mitte Dezember den aktuellen Rekordpreis von 29 Franken pro Gramm Feingold. Für 18-Karat-Gold zahlt er Fr. 21.75, da diese Legierung nur zu 75 Prozent aus Feingold besteht. Für 14-karätiges Gold gibt es rund 17 Franken, weil es nur 58,5 Prozent Feingold enthält. Vom Gesamtpreis zieht Loosli seine Unkosten von 15 bis 20 Prozent ab. Was übrig bleibt, bekommt der Kunde.
Goldpreise dieser Höhe bezahlten jedoch nur wenige Händler: Von 15 Schmuckankäufern waren es nur 5. 10 rechneten, ohne dies klar zu sagen, mit mindestens 20 Prozent niedrigeren Grammpreisen. Am schlechtesten fährt der Kunde an einer feinen Adresse: Bei der Goldhaus AG unweit vom Zürcher Paradeplatz offerierte die Verkäuferin dem saldo-Redaktor für eine 27,7 Gramm schwere Kette aus 18 Karat Gold gerade mal 270 Franken – etwa 60 Prozent dessen, was er bei einem Ankäufer bekommt, der faire Preise bezahlt.
Goldhaus-Chefin Marianne Hopsch rechtfertigt die niedrigen Preise damit, dass ihre Filialen nur zweimal im Jahr gesammeltes Altgold zum Einschmelzen weitergeben: «Wir müssen daher das Risiko fallender Goldpreise mit einkalkulieren.»
Ankäufer tricksen bei Gewicht und tiefem Pauschalpreis
Es gibt weitere Tricks, mit denen Barankäufer Konsumenten über den Tisch ziehen. Der erste: Der Ankäufer gibt ein Pauschalangebot für mehrere Stücke ab und rundet dabei kräftig zu seinen Gunsten ab. So bot der Verkäufer der Fancy AG am Zürcher Limmatquai 60 Franken für einen 2,8 Gramm schweren, 14-karätigen Goldring mit drei Saphiren, einen kleineren Goldring und zwei Goldketten – ein schlechtes Angebot, das gerade mal ein Drittel des Schätzpreises des Experten ausmachte.
Der zweite Trick: Der Ankäufer berechnet weniger Gewicht. Auf einem Schild im Schaufenster wirbt der noble Basler Juwelier Frei damit, Fr. 14.45 für ein Gramm 18-Karat-Altgold bar zu bezahlen. Geschäftsführer Robert Hauser machte dem Kunden für seine 27,7 Gramm schwere Goldkette dann eine Offerte über 360 Franken. Der Kunde rechnete nach. Ergebnis: Aufgrund der Preisangabe stünden ihm eigentlich 400 Franken zu.
Alter Schmuck: Bessere Preise beim Antiquitätenhändler
Tags darauf erkundigte sich saldo offiziell bei Juwelier Frei. Geschäftsführer Hauser rechtfertigte den Preisabzug damit, «dass das Altgold beim Einschmelzen in der Scheideanstalt rund 10 Prozent Gewicht verliert». Er sei daher nur von 25 Gramm Altgold ausgegangen. Der Basler Juwelier behauptet: «Diese Berechnungsart wird in der Branche überall so gehandhabt.» Experte Peter Loosli sagt: «Das stimmt nicht.» Mit einem Gewichtsabzug kalkulierte bei der saldo-Stichprobe jedenfalls kein anderer Ankäufer.
Die Stichprobe ergab auch Erfreuliches. So bot der Betreiber der Zürcher Firma Schmuckmarkt faire Preise für eine Goldkette und den Saphir-Ring. Und er riet dem Kunden, seine antiken Schmuckstücke einem Antiquitätenhändler oder auf dem Flohmarkt anzubieten. Dort liessen sich bessere Preise erzielen. «Zudem wäre es schade, diesen schönen Schmuck einzuschmelzen.» In der Tat bekam der Tester bei einem Antiquitätenhändler seine höchste Offerte: Die Galerie Drei König in Zürich bot für den gesamten Familienschmuck 1200 Franken.
Tipps: So verkaufen Sie alten Schmuck Wer alten Schmuck verkaufen will, sollte mehrere Offerten einholen.
Wer sich selbst einen ersten Eindruck über den Wert eines Schmuckstücks verschaffen will, sollte sein Bijou zuerst selbst unter die Lupe nehmen. Auf echtem Schmuck muss eine kleine Zahl eingeprägt sein, die den Edelmetallgehalt anzeigt. «750» steht für 18 Karat Gold, «585» für 14 Karat Gold, «925« oder «800» kennzeichnen Silber, «950 Pt» Platin.
Informieren Sie sich über die aktuellen Edelmetallkurse. Auskunft geben etwa die Websites von Banken.
Prüfen Sie Alternativen zum Verkauf an Barankäufer von Schmuck. Oft lässt sich mit einem alten Ring oder einer Brosche als Geschenk viel Freude bereiten.
Verkaufen lässt sich alter Schmuck auch an Antiquitätenhändler, via Online-Börsen oder auf dem Flohmarkt.
Viele Juweliere nehmen beim Kauf von neuem Schmuck alte Erbstücke in Zahlung.