Computer birgt Absturzgefahr für die Augen
Stundenlanges Arbeiten vor dem Computer belastet die Augen massiv. Ob dies zu Dauerschäden führt, ist aber umstritten.
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saldo 1/2005
19.01.2005
Sigrid Cariola
Wer den ganzen Tag am Bildschirm arbeitet, hat häufig Probleme mit den Augen. 37 Prozent der Betroffenen klagen über Augenflimmern, Kopfschmerzen und rasches Ermüden - das ergab 2001 eine Umfrage des Schweizer Optikerverbands.
In den letzten Jahren hat der Anteil der Bildschirmarbeit stark zugenommen. Die deutsche Berufsgenossenschaft der Verwaltungsangestellten schätzt, dass ungefähr 40 Prozent der Erwerbstätigen überwiegend am Bildschirm arbeiten; in der Schweiz dürfte d...
Wer den ganzen Tag am Bildschirm arbeitet, hat häufig Probleme mit den Augen. 37 Prozent der Betroffenen klagen über Augenflimmern, Kopfschmerzen und rasches Ermüden - das ergab 2001 eine Umfrage des Schweizer Optikerverbands.
In den letzten Jahren hat der Anteil der Bildschirmarbeit stark zugenommen. Die deutsche Berufsgenossenschaft der Verwaltungsangestellten schätzt, dass ungefähr 40 Prozent der Erwerbstätigen überwiegend am Bildschirm arbeiten; in der Schweiz dürfte diese Zahl ähnlich hoch sein.
Japan liefert erste brauchbare Studien
Dennoch gibt es erstaunlich wenig repräsentative Untersuchungen darüber, ob und wie stark das ständige Starren auf den Bildschirm die Sehleistung beeinträchtigt. «Die untersuchten Personengruppen sind meist zu klein und die Forschungsprojekte schlecht koordiniert», sagt Marino Menozzi vom Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Eine Schwierigkeit liege aber auch in der Materie selbst: «Weil die Technik und die Modelle so rasch wechseln, ist es schwierig, ein fundiertes langfristiges Forschungsprojekt auf die Beine zu stellen.»
Kommt hinzu, dass laut Menozzi kaum jemand Interesse an Forschung auf diesem Gebiet hat: Die Hochschulen nicht, weil sich in diesem Bereich der Medizin kein Nobelpreis holen lässt. Und Arbeitgeber und Versicherer nicht, weil sie fürchten, dass die Ergebnisse dazu führen könnten, dass die Bildschirmarbeit komplett neu organisiert werden muss.
Bewegung ins Thema könnten nun zwei neue Studien aus Japan bringen: Forscher von der Tohu-Universität in Tokio testeten die Sehkraft von mehr als 10 000 männlichen Angestellten und befragten sie über ihre Computernutzung. Resultat: Wer mehr als acht Stunden täglich vor dem Bildschirm sitzt, hat ein grösseres Risiko, an erhöhtem innerem Augendruck zu erkranken. Wird das sogenannte Glaukom nicht behandelt, kann die Krankheit im schlimmsten Fall zur Erblindung führen. Da Kurzsichtigkeit ebenfalls ein Risikofaktor für ein Glaukom ist, gehen die Forscher davon aus, dass Kurzsichtige für computerbedingte Erkrankungen anfälliger sein könnten.
Bei einer zweiten japanischen Untersuchung unter der Leitung der Universität von Chiba wurden 25 000 Büroangestellte befragt. Das Ergebnis zeigt, dass bereits bei fünf Stunden Bildschirmarbeit ernsthafte Gesundheitsstörungen wie Augen- und Kopfschmerzen sowie Verspannungen der Nackenmuskulatur auftreten. Die japanischen Forscher schlagen deshalb vor, Bildschirmarbeit auf weniger als fünf Stunden pro Tag zu beschränken.
Kaufmännischer Verband empfiehlt weitere Reduktion
Der Kaufmännische Verband Schweiz ging schon vor drei Jahren weiter: Er empfahl, Bildschirmarbeit auf vier Stunden täglich zu reduzieren und jede Stunde eine Pause von zehn Minuten einzuschalten. Doch bei der ständigen Ausweitung von Tätigkeiten vor dem Monitor wird dies wohl Wunschdenken bleiben.
Die Europäische Union kennt immerhin gesetzlich verankerte Richtlinien, die Bildschirmarbeiter schützen sollen: Diese sehen regelmässige bezahlte Pausen und Untersuchungen der Augen vor. Arbeitsmediziner empfehlen zudem, mindestens alle fünf Jahre eine Kontrolle des Sehvermögens - bei über 40-Jährigen alle drei Jahre.
In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Grundlage für den besonderen Schutz von Angestellten, die ständig am Computer arbeiten. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) hält eine «systematische Kontrolle für nicht sinnvoll, da nicht alle Sehfehler erkannt werden können», so Sprecher Erich Wiederkehr. Zudem wäre der finanzielle Aufwand erheblich. Die Suva vertritt den Standpunkt, dass keine durch Bildschirmarbeit verursachte Augenerkrankungen bekannt sind; dass diese Arbeit zu Beschwerden und Beeinträchtigungen führt, bestreitet sie jedoch nicht.
Wichtig: Gutes Licht und richtiger Abstand zum Bildschirm
In ihrer Broschüre «Die Arbeit am Bildschirm» empfiehlt die Suva immer wieder Pausen einzulegen. In vielen Betrieben hätten sich Unterbrüche von 15 bis 20 Minuten alle zwei Stunden durchgesetzt - Pausen von 5 bis 10 Minuten nach einer Stunde wären aber vorzuziehen.
Während sich die verschiedenen Forschungs- und Interessengruppen darüber streiten, ob Bildschirmarbeit die Sehkraft dauerhaft schädigt, besteht Einigkeit darüber, dass verschiedene Faktoren die Augenprobleme am Arbeitsplatz verstärken. «Die Ergonomie spielt eine wichtige Rolle», weiss Dominique Ramspeck vom Schweizer Augenoptikerverband. Der Abstand zum Bildschirm muss stimmen, aber auch der Lichteinfall und der Blickwinkel auf den Monitor. «Sind diese Bedingungen nicht optimal, werden die Augen zusätzlich belastet und überanstrengt.»
Ein weiterer Faktor: Kleinste Sehfehler werden erst bei Bildschirmtätigkeit bemerkt. «Im Alltag kann das Auge gewisse Schwächen ausgleichen», sagt Ramspeck - «vor dem Bildschirm nicht.» Die Folge sind Brennen, Rötungen, Kopfschmerzen. Wird die Fehlsichtigkeit nicht korrigiert, kann sie sich weiter ausprägen. Die dauernde Scharfeinstellung der Linse auf Nahsicht beansprucht die feine Augenmuskulatur stark. Ab dem 40. Altersjahr nimmt ihre Fähigkeit ab, die Spannung aufrechtzuerhalten. Spätestens dann wird die Bildschirmarbeit zu einer Belastung.
Doch nicht nur die über 40-Jährigen sind für die Optiker eine sichere Kundschaft. Auch in der jüngeren Generation zeichnen sich Augenprobleme ab. Ursache ist eine Veränderung der Freizeitaktivitäten. Dominique Ramspeck: «Um das Sehsystem vollständig zu entwickeln, ist ein natürliches Training - der ständige Wechsel zwischen Nah- und Distanzbereich - nötig.»
Probleme können sich schon im Kindesalter anbahnen
Wer zu viel Zeit vor dem Computer verbringt, entwickelt sein Sehsystem unzureichend - ein Versäumnis, das sich im Erwachsenenalter nicht mehr wettmachen lässt. Vor allem im Unterhaltungsbereich, bei Gameboys, Handys, Spielcomputern gebe es einen unheilvollen Trend, so Marino Menozzi von der ETH: «Immer mehr Pixel auf einer immer kleineren Fläche. Seh- und Haltungsprobleme sind damit vorprogrammiert.»
Bildschirme: Flache gegen Röhren
Flachbildschirme lösen weniger Spiegelungen und Reflexe aus als Röhrenbildschirme. Zudem ist ihre Bildschärfe vor allem im Hinblick auf Details besser. Ein weiterer Vorteil: Flachbildschirme flimmern nicht. Da Flachbildschirme in Büros jedoch vor allem aus Gründen der Platzersparnis eingesetzt werden, sind die Monitore meist relativ klein - zumal Flachbildschirme mit mehr als 17 Zoll recht teuer sind.
Auch Kathodenstrahlröhren bieten immer noch gewisse Vorteile: Die Pixel werden besser vermischt - die Benutzer können auch schräg auf den Bildschirm schauen.
Das ist zum Beispiel wichtig, wenn sich mehrere Personen einen Bildschirm teilen. Röhrenbildschirme mit einer Frequenz von 160 Hertz flimmern nicht.
So schonen Sie die Augen
- Den Monitor richtig platzieren: Das Fenster oder die Lichtquelle soll sich seitlich vom Bildschirm befinden und die Entfernung vom Gesicht etwa 50 bis 70 Zentimeter betragen. Die ideale Blickneigung beträgt 15 Grad - das heisst, die Oberkante des Bildschirms sollte unterhalb der Augenhöhe liegen.
- Für gute Beleuchtung sorgen; im Dämmerlicht ermüden die Augen schneller.
- Auf das Raumklima achten: zu trockene Luft reizt die Augen zusätzlich.
- Regelmässiges Blinzeln nicht vergessen: die Augen werden so befeuchtet.
- Zwischendurch eine Pause einlegen und den Blick in die Ferne schweifen lassen: Eine Stunde Bildschirmarbeit lässt sich kompensieren, wenn man fünf Minuten in die Ferne sieht.
- Den Blick von oben nach unten und von einer Seite zur anderen schweifen lassen.
- Zwischendurch Augen schliessen, Ellenbogen abstützen und die Augen mit den Händen sanft abdecken; zwei, drei Minuten so verweilen. Je schwärzer man sieht, desto entspannter sind die Augen.