Buchtipp: So grün und sozial sind Starbucks & Co.
Viele Unternehmen geben sich ein grünes und soziales Image. Ein Buch nimmt die Versprechen von 50 Weltkonzernen unter die Lupe.
Inhalt
saldo 04/2013
06.03.2013
Jonas Arnold, Marc Mair-Noack, bud, ja
Umweltschutz ist ein Verkaufsargument, doch kaum eine Firma hält, was sie verspricht, sagt Frank Wiebe. Der deutsche Wirtschaftsjournalist hat die Selbstdeklarationen von 50 Weltkonzernen zu ihrem Engagement für die Umwelt und eine sozial verträgliche Produktion mit den Erfahrungen von Gewerkschaften, Hilfswerken und Umweltschutzverbänden verglichen.
Die US-Kaffeekette Starbucks etwa wirbt damit, dass sie Kaffeebohnen aus Fairtrade-Produktion bezieht. Bauern in ...
Umweltschutz ist ein Verkaufsargument, doch kaum eine Firma hält, was sie verspricht, sagt Frank Wiebe. Der deutsche Wirtschaftsjournalist hat die Selbstdeklarationen von 50 Weltkonzernen zu ihrem Engagement für die Umwelt und eine sozial verträgliche Produktion mit den Erfahrungen von Gewerkschaften, Hilfswerken und Umweltschutzverbänden verglichen.
Die US-Kaffeekette Starbucks etwa wirbt damit, dass sie Kaffeebohnen aus Fairtrade-Produktion bezieht. Bauern in Lateinamerika und Afrika würden so existenzsichernde Löhne erhalten. Mit den eigenen Mitarbeitern geht Starbucks gemäss Auskunft von Gewerkschaften jedoch ganz anders um: «Starbucks setzt kranke Mitarbeiter unter Druck, damit diese zum Dienst erscheinen.» Zudem seien Leute entlassen worden, weil sie in der Gewerkschaft sind.
2 der 50 Konzerne kommen aus der Schweiz: Die Swatch Group besteht den Ethiktest. Der Konzern produziert nach Eigenangaben fast alle Uhrenteile in der Schweiz und gibt 50 000 Menschen einen Arbeitsplatz. Schlecht schneidet die Grossbank UBS ab. Sie lerne nicht aus Fehlern, wie der Fall des Milliardenzockers Kweku Adoboli zeigt.
Das Buch leidet daran, dass der Autor nicht selbst überprüft, ob Fair-Trade- Kaffeebauern tatsächlich von ihren Einnahmen leben können oder ob Swatch wirklich keine Uhrenteile aus Thailand importiert. Dennoch zeigt es auf, wo die Schwächen der Unternehmen liegen – und dass aus Konsumentensicht viele Firmenversprechen kritisch zu hinterfragen sind.
Frank Wiebe, «Wie fair sind Apple und Co.?», Orell Füssli, ca. Fr. 30.–
Buchtipps
Öko – eine Quasi-Religion
Warum kaufen wir teure Bio-Lebensmittel und mögen Handgemachtes? Der deutsche Autor Andreas Möller hinterfragt die Beweggründe vieler Öko-Liebhaber. Beim Öko-Bewusstsein geht es laut Möller oft mehr um die Entlastung des eigenen Gewissens als um die Natur selbst. Öko ist längst zur Metapher für Kontinuität, Sicherheit oder Vertrauen geworden. Häufig steckt nicht mehr als eine Idealisierung vortechnischer Zustände hinter solchen Taten. Möller argumentiert nicht gegen Naturschutz, sondern bringt die Leser dazu, ihre Ökoprinzipien zu hinterfragen.
Andreas Möller, «Das grüne Gewissen», Hanser, ca. Fr. 26.–
Milch – der lange Weg ins Kühlregal
Milch ist das erste Nahrungsmittel, mit dem Menschen und viele Tiere in Kontakt kommen. Die Autorin Andrea Fink-Kessler beschreibt, wie die Milch den Weg bis ins Kühlregal geschafft hat. Ihr historischer Spaziergang führt vorbei an römischen Hirten ins Mittelalter. Weiter geht die Reise ins 18. Jahrhundert: Die Milch wird zur Handelsware und im Krieg zum Mangelartikel, dann kommen die ersten Milchprodukte auf den Markt. Bis sie zu dem wird, was man heute kennt: Milch als Milchschnitte, UHT-Getränk, Milchdrink, laktosefreies Produkt – umstrittene Massenware.
Andrea Fink-Kessler, «Milch – Vom Mythos zur Massenware», Oekom, ca. Fr. 32.–
Ein Ex-Banker rechnet ab
Selbst die Händler der US-Bank Goldman Sachs verstanden ihre Finanzprodukte nicht mehr. Mit komplizierten Computerprogrammen berechneten sie, wie sie am meisten Profit machen konnten: «Wenn der Computer sagte: Weizen-Futures verkaufen, dann verkauften wir», sagt Greg Smith, der von 2001 bis 2012 für die Bank arbeitete: «Der Kunde wurde immer weniger als jemand angesehen, der beraten wird, sondern als Kontrahent.» Das Buch ist eine spannende und verständliche Abrechnung mit der Gier vieler Banker. Smiths Enttäuschung über diese Entwicklung ist gut greifbar.
Greg Smith, «Die Unersättlichen», Rowohlt, ca. Fr. 30.–