Geweckt von einer SMS sprintet Nationalrat Müller aus dem sogenannten Männerzimmer in den Nationalratssaal. Dort drückt er den richtigen Abstimmungsknopf und eilt danach umgehend ins Parlamentsrestaurant, um einen Lobbyisten zu treffen. 

Mit der kurzen Erzählung über den politischen Alltag des fiktiven Nationalrats Müller zeigen die Autoren, wer im Bundeshaus wie Macht ausübt: An diesem Tag ist es Müller und der Schnapsbrennerlobby gelungen, mit Finten, cleveren Allianzen und einem komplizierten Gesetzestext ihrer Klientel tiefere Steuern zu bescheren. 

Weiter plaudern im Buch real existierende Personen aus dem Nähkästchen: etwa ein hoher Verwaltungsbeamter, ein WWF-Lobbyist oder der Mediensprecher eines Bundesamtes. Sie alle sollen helfen, die Mechanismen der Macht offenzulegen. Doch wie gross der Einfluss der Wirtschaft, des Parlaments, der Kantone, der Frauen, des Filzes, der Medien, des Geldes, der Verwaltung, der EU oder des Bundesrats auf die politischen Entscheide tatsächlich ist, können die Autoren nicht klar feststellen. 

Zudem wärmt das Buch streckenweise Altbekanntes auf. Doch die theoriefreie und süffig geschriebene Erkundungstour durch das unsichtbare Machtgefüge des Landes besticht durch ihren erzählerischen Zugang. Empfohlen sei die Lektüre deshalb all jenen politisch Interessierten, die Standardwerken wie «Das politische System der Schweiz» wenig abgewinnen können. Ein  kurzer «Blick hinter die Kulissen der Macht», wie die Buchautoren auf dem Titel versprechen, ist ihnen gewiss.

Matthias Daum u.a., «Wer regiert die Schweiz?», Hier und Jetzt, ca. Fr. 35.–