Buchtipp: Auch die Griechen zahlten mit dem Fünfliber
Ein neues Buch zeigt, wie der Schweizer Franken von einem Anhängsel an den französischen Franc zu einer der weltweit stabilsten <br />
Währungen aufstieg.
Inhalt
saldo 18/2012
03.11.2012
Letzte Aktualisierung:
05.11.2012
Harald Tappeiner, ja, eb , mmn,
Seit 2011 ist der Schweizer Franken faktisch an den Euro angebunden. Historisch betrachtet ist dies keine Besonderheit. Der Franken war seit der Einführung 1850 fast durchwegs an fremde Währungen wie den französischen Franc gekoppelt. Die Ära flexibler Wechselkurse begann erst 1973 mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems. In seinem Buch zeigt der emeritierte Volkswirtschaftsprofessor Ernst Baltensperger bemerkenswerte Fakten. So bildete die Schweiz von 1860 bis 191...
Seit 2011 ist der Schweizer Franken faktisch an den Euro angebunden. Historisch betrachtet ist dies keine Besonderheit. Der Franken war seit der Einführung 1850 fast durchwegs an fremde Währungen wie den französischen Franc gekoppelt. Die Ära flexibler Wechselkurse begann erst 1973 mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems. In seinem Buch zeigt der emeritierte Volkswirtschaftsprofessor Ernst Baltensperger bemerkenswerte Fakten. So bildete die Schweiz von 1860 bis 1914 mit Frankreich, Italien, Belgien und Griechenland eine Währungsgemeinschaft: die lateinische Münzunion. In allen Teilnehmerländern hatten Schweizer Goldstücke und die silbernen Fünffrankenstücke unbeschränkte Gültigkeit. In dieser Zeit gaben verschiedene Schweizer Banken konkurrenzierende Frankennoten heraus. Erst 1891 erhielt der Bund das Notenmonopol und gründete 1905 die Nationalbank.
Die Abhandlung Baltenspergers zeigt, wie die junge Zentralbank sich in vielen Krisen zu bewähren hatte. Die damaligen Probleme ähnelten den heutigen, die Nationalbank-Verantwortlichen hatten oft mit einer Frankenaufwertung zu kämpfen. Der Autor betrachtet ihr Verhalten etwa in der «Grossen Depression» der 1930er-Jahre oder in der Rezession von 1994/95 kritisch: Die Nationalbanker hielten die Geldmenge zu klein.
Das Buch enthält viele Abbildungen und Grafiken. Es eignet sich auch als Lehrbuch. Im Anhang befindet sich ein ausführlicher Theorieteil. Leider geht Baltensperger nur kurz auf die aktuelle Finanzkrise in Europa ein.
Ernst Baltensperger, «Der Schweizer Franken», NZZ Libro, ca. Fr. 48.–
Buchtipps
Die Reichen werden reicher
Es ist das Mantra vieler Politiker: Tiefe Steuern für Reiche kurbeln die Wirtschaft an. Der US-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hält das für Unsinn. Er zeigt die Folgen der auseinandergehenden Vermögensschere auf. Die Besitzer der Supermarktkette Wal-Mart haben heute ein Vermögen von 70 Milliarden Franken – gleich viel wie die finanzschwächsten 30 Prozent der US-Gesellschaft. Das verhindert laut Stiglitz Wirtschaftswachstum und Chancengleichheit. Sein Buch liest sich eher schwer. Einiges lässt sich auf die Schweiz übertragen: So leiden Mieter hier unter steigenden Mietzinsen, während Eigentümer profitieren.
Joseph Stiglitz, «Der Preis der Ungleichheit», Siedler, ca. Fr. 35.–
Internet zum Anfassen
Für die meisten Nutzer ist das Internet eine abstrakte Datenwolke. Der US-Journalist Andrew Blum will das World Wide Web erfahrbar machen und folgt dem Kabel seines heimischen Modems zu den wichtigsten Schaltzentralen in den USA und Europa. Er findet den Internetknoten in Frankfurt, besucht die riesigen Datenspeicher Googles oder sieht das Ende des Glasfaserkabels, das Mails und andere Daten vom englischen Cornwall durch den Atlantik in die USA schickt. Blum schreibt anschaulich und verständlich. Seine Begeisterung darüber, wie fassbar das Internet ist, spürt man auf jeder Seite des Buches.
Andrew Blum, «Kabelsalat», Knaus, ca. Fr. 28.–
Billige Schuhe für die Schweiz
1932 nahm der slowakische Konzern Bata in Möhlin AG die erste rationalisierte Schuhfabrik der Schweiz in Betrieb. Die Schweizer Konkurrenz um Iwan Bally organisierte mit Billigung des Bundesrates den Boykott von Bata und sponserte eine Studie der ETH Zürich, die Batas Gummischuhe als «Landesgefahr» einstufte. Erst im Krieg taten sich Bally und Bata zusammen, um 800 000 Schuhe nach Nazi-Deutschland zu liefern. 1990 legte Bata sein Werk still. Der Autor erinnert – akribisch recherchiert und mit starken Fotos – an ein fast vergessenes Kapitel Schweizer Industriegeschichte.
Tobias Ehrenbold, «Bata», Hier + Jetzt, ca. Fr. 49.–