Alternative Postläden - Pasta, Pampers und Pakete
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saldo 18/2000
08.11.2000
Das Ausland zeigt: Dorfläden, mit Poststellen kombiniert, haben auch in Randregionen eine Zukunft. Die Schweizer Post zeigt wenig Interesse.
Gehört eine Poststelle zum Service public oder nicht? Das Gesetz lässt dies offen. Überall dort, wo Filialen geschlossen werden, ist der Staatsbetrieb nur zu minimalen Alternativen verpflichtet: Im Bündner Calancatal zum Beispiel hält eine mobile Post täglich eine halbe Stunde im Dorf. Oder der Hausservice: Kunden können Pakete und Br...
Das Ausland zeigt: Dorfläden, mit Poststellen kombiniert, haben auch in Randregionen eine Zukunft. Die Schweizer Post zeigt wenig Interesse.
Gehört eine Poststelle zum Service public oder nicht? Das Gesetz lässt dies offen. Überall dort, wo Filialen geschlossen werden, ist der Staatsbetrieb nur zu minimalen Alternativen verpflichtet: Im Bündner Calancatal zum Beispiel hält eine mobile Post täglich eine halbe Stunde im Dorf. Oder der Hausservice: Kunden können Pakete und Briefe dem Briefträger auf seiner Tour mitgeben, zudem erledigt dieser Einzahlungen, Briefmarkenkäufe oder Geldbezüge. Dieser Dienst wird allerdings nur in 130 Ortschaften angeboten - dort, wo sich der gelbe Riese bereits verabschiedet hat. Eine Ausweitung des Services in städtische Gebiete ist nicht geplant. Postsprecher Oliver Flüeler: "Wir müssen uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren."
Das lässt wenig Spielraum offen: Die Bon-appétit-Group (Primo- und Vis-à-Vis-Geschäfte) unterbreitete vergangenen Juli ein Kooperationsangebot: Gefährdete Poststellen hätten in rund 700 Dorfläden integriert werden und so das Überleben beider Partner sichern sollen. Die Post lehnte ab. Geschäftsleitungsmitglied Andreas Hasler: "Wir sind an solchen Lösungen nur punktuell interessiert, damit wir unsere Flexibilität bewahren können."
Das Ausland geht mit gutem Beispiel voran
Eine Ausnahme ist Bettwil AG: In der 600-Seelen-Gemeinde standen Poststelle und Dorfladen vor der Schliessung. Auf Initiative der Gemeinde schlossen sie sich zusammen: Der heutige Ladenbesitzer, ein ehemaliger Pöstler, erledigt im Laden auch die Postgeschäfte.
Eine Lösung, die sich im Ausland bewährt hat, etwa in Schweden: Die dortige Post muss ebenfalls eigenwirtschaftlich sein. In Randregionen blieben die Kunden aus, während für Infrastruktur und Personal die Kosten gleich blieben. Statt den Service abzubauen, hat die schwedische Post das Filialnetz verändert: Die Hälfte der 1800 Poststellen ist jetzt in Lebensmittelläden, Tankstellen oder Altersheimen integriert. Die sind auch abends und teils an Wochenenden offen.
"Wir mussten näher zu den Leuten", sagt Jenny Spets, Sprecherin der schwedischen Post. Sie schloss Verträge mit Ladenbesitzern ab und übernahm einen Teil der Löhne und Mieten. "Die Rechnung geht für Post und Kunden auf", betont Spets.
Dank der guten Erfahrungen bauen die Schweden ihr Filialnetz ab nächstem Frühling weiter aus: um volle 1200 Filialen auf 3000 Poststellen. In Grossbritannien praktiziert Royal Mail das Post-im-Laden-Modell seit Jahrzehnten. Annahmestellen in Lebensmittelläden, Papeterien und Tankstellen haben sich auch in Deutschland bewährt.
Marc Meschenmoser