1 Wer kommt in einem Gerichtsverfahren als Zeuge in Frage?

In Strafprozessen sind alle zeugnisfähig, die älter als 15 Jahre und urteilsfähig sind. In Zivilprozessen gibt es keine Mindestalters­grenze. Hier ent­scheidet das Gericht nach seinem Ermes­sen und unter Berück­sichtigung des Kindeswohls über die Mitwirkungspflicht von Minderjährigen. 

2 Ist eine Zeugen­aussage freiwillig?

Nein. Wer eine Vorladung eines Gerichts erhält, ist  verpflichtet zu erscheinen. Laut Gesetz haben Zeugen unter Umständen das Recht, die Aussage zu verweigern. Sie müssen aber trotzdem vor Gericht erscheinen. 

3 Wer darf eine ­Zeugenaussage ­verweigern?

Ein allgemeines Zeugnis­verweigerungsrecht haben Personen mit einer per­sönlichen Beziehung zu einer Partei – beispielsweise der Ehegatte, Kinder, Eltern oder Geschwister. Daneben haben auch bestimmte Berufe ein Zeugnisver­weigerungsrecht: Ärzte, Anwälte oder Pfarrer. Zudem gilt: Wer sich selbst oder eine nahestehende Person der Gefahr straf­rechtlicher Verfolgung oder zivilrechtlicher Verantwort­lichkeit aussetzen würde, kann die Zeu­genaussage verweigern. 

4 Sind Zeugenaus­sagen für den Ausgang von Gerichts­verfahren ent­scheidend? 

In der Regel nicht. Viele Zeugen können sich nicht mehr oder nicht mehr genau an Wahrnehmungen erin­nern, weil die relevanten Geschehnisse im Zeitpunkt der Befragung zeitlich lange zurückliegen. Die Gerichte sind frei in der Würdigung der Zeugenaussagen. 

5 Haben Zeugen Anspruch auf eine Entschädigung?

Ja. Entschädigt werden etwa die Reisespesen und ein allfälliger Verdienstausfall infolge Teilnahme an der Verhandlung.

6 Was passiert, wenn man sich zu Unrecht weigert, als Zeuge auszusagen? 

Sowohl in Zivil- wie in Strafverfahren muss man dann mit einer Busse rechnen. Zudem können dem Zeugen Prozesskosten auferlegt werden, die durch seine Aussageverweigerung verursacht wurden. 

7 Was geschieht bei einer Falschaussage?

Ein falsches Zeugnis ist strafbar. Die Strafdrohung ist hoch. Sie beträgt bis zu fünf Jahre Freiheits­entzug. In der Praxis werden falsche Zeu­genaussagen allerdings meistens mit einer Geld­strafe geahndet.

8 Muss der Arbeit­geber seinen ­Angestellten für eine Zeugenaussage freigeben?

Ja. Die Zeugnispflicht ist eine gesetzliche Pflicht. Zudem haben Angestellte Anspruch auf den vollen Lohn für die Zeit der Abwesenheit. 

9 Hat man als Zeuge Einsicht in die Akten des Verfahrens?

Nein. Ein Zeuge sollte die Rechtsschriften und die Aussagen der Parteien nicht ken­nen, sonst ist er möglicherweise nicht mehr unbefangen.

10 Haben Zeugen Anspruch auf ­besonderen Schutz?

Ja. Im Strafverfahren sind verschiedene Schutzmass­nahmen vorgesehen, wenn ein Zeuge durch seine Aus­sage einer erheblichen Ge­fahr ausgesetzt sein könnte.