Überteuerte Auto-Ersatzteile
In der Schweiz kosten Ersatzteile für Autos durchschnittlich 35 Prozent mehr als in Deutschland. Bei Reparaturen kann man trotzdem sparen.
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saldo 05/2013
20.03.2013
Eric Breitinger
Eine neue Vordertür für den VW Golf Comfortline kostet in der Schweiz Fr. 580.80 – in Deutschland nur Fr. 404.40. Für die Motorhaube eines Mercedes C 180 zahlt man hier 923 Franken, deutsche Händler verkaufen sie für Fr. 542.40. Bremsscheiben des Opel Zafira gibt es in der Schweiz für 331 Franken und in Deutschland für Fr. 247.80.
Die Beispiele sind typisch: Konsumenten zahlen in der Schweiz für das gleiche Auto-Ersatzteil im Schnitt 3...
Eine neue Vordertür für den VW Golf Comfortline kostet in der Schweiz Fr. 580.80 – in Deutschland nur Fr. 404.40. Für die Motorhaube eines Mercedes C 180 zahlt man hier 923 Franken, deutsche Händler verkaufen sie für Fr. 542.40. Bremsscheiben des Opel Zafira gibt es in der Schweiz für 331 Franken und in Deutschland für Fr. 247.80.
Die Beispiele sind typisch: Konsumenten zahlen in der Schweiz für das gleiche Auto-Ersatzteil im Schnitt 35 Prozent mehr als in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine unveröffentlichte Studie des Schweizerischen Versicherungsverbandes. Fahrzeug-Sachverständige der Versicherungen hatten für die Studie vom Mai 2012 Preise von über 830 000 Ersatzteilen aller Automarken auswerten lassen. Laut Mitautor Daniel Junker von der Basler Versicherung hat sich die Preisdifferenz seitdem kaum verändert.
Einen Grund für die grossen Preisunterschiede sehen die Studienautoren darin, dass offizielle Markenimporteure wie die Amag oder die Emil-Frey-Gruppe die Preise der Original-Ersatzteile für die Schweiz festlegen. Amag tut dies etwa für Teile von VW, Audi, Skoda oder Seat, Emil Frey für die von Jaguar, Kia, Land Rover, Lexus, Subaru und Toyota. Die Reparaturgaragen belasten den Kunden laut der Studie diese Preise. saldo-Recherchen zeigen, dass Markengaragen, die einem Importeur gehören oder mit ihm einen Servicevertrag haben, in der Regel Original-Ersatzteile einbauen – also die teuerste Variante.
Händlerbindung durch hohe Rabatte und Rückerstattungen
Garagisten berichten saldo, dass Importeure sie anhalten, die Ersatzteile bei ihnen zu kaufen, obwohl es Alternativen gibt (siehe Kasten). Die Garagisten befürchten Schikanen, falls sie das nicht tun. Letztlich riskieren sie, dass der Importeur ihren Servicevertrag für die Markenautos kündigt, auf die sie spezialisiert sind.
Die offiziellen Markenimporteure binden Garagen zudem durch Rabatte und Rückerstattungen an sich. Laut Insidern gewähren sie ihren Händlern im Schnitt 28 Prozent Rabatt auf Ersatzteile. Bei Frontscheiben sind es bis zu 55 Prozent. Nichtvertragsgaragen erhalten im Schnitt nur 15 Prozent. Die Importeure animieren Markengaragen zudem zum Teilekauf, indem sie für Ende Jahr Rückerstattungen in Aussicht stellen. Laut Branchenkennern betragen diese 2 bis 12 Prozent vom Umsatz. Dafür müssen die Garagen gewisse Jahresabsatzzahlen erreichen. Viele Händler rechnen mit den Kickbacks. Ein Amag-Händler bezeichnet die Rückvergütung als «meine Marge». An Neuwagen verdiene er nichts mehr.
Andreas Burgener von der Importeurvereinigung Auto Schweiz verteidigt diese Praxis: «Rückvergütungen sind in vielen Branchen üblich.» Kein Garagist sei gezwungen, sich vertraglich zu binden: «Es gibt genügend Anbieter, die den Markenimporteuren Konkurrenz machen.»
Nur fährt der Garagist so oft nicht billiger. Der Hauptkonkurrent der offiziellen Importeure verfolgt ebenfalls eine Hochpreispolitik. Im Verband Swiss Automotive Aftermarket SAA haben sich 83 freie Lieferanten zusammengetan. Sie verkaufen nach eigenen Angaben Ersatzteile, Schmiermittel und Reifen an Garagen für jährlich 1,9 Milliarden Franken.
SAA-Mitglieder müssen zwingend Originalteile verkaufen. SAA-Ersatzteilexperte Beat Zenklusen: «Wir orientieren uns an den Bruttopreisen der Importeure.» Demnach räumen Mitgliedsfirmen Kunden in der Regel ähnlich hohe Rabatte und Rückvergütungen wie die Markenimporteure ein.
«Die offiziellen Markenimporteure halten die Preise hoch»
Die Kunden zahlen die Zeche. Daniel Junker fordert: «Damit der Markt spielen kann, muss das Reparaturgewerbe ohne Repressalien einkaufen können.» Ähnlich sieht es Roger Kunz vom Verband freier Autohandel Schweiz: «Die offiziellen Markenimporteure halten die Preise hoch.» Jeder Garagist solle aber baugleiche Teile aus dem Ausland verwenden und günstige Original-Ersatzteile importieren können. Die Wettbewerbskommission müsse dies durchsetzen.
Tipps: So sparen Sie bei der Autoreparatur
- Für viele Reparaturen gibt es baugleiche Ersatzteile, die nicht schlechter, aber 20 bis 40 Prozent günstiger sind als Originalteile der Autohersteller. Fragen Sie bei Ihrer Garage nach.
- Ist die Werksgarantie abgelaufen oder das Auto schon älter, lassen sich gebrauchte Teile verwenden. Geprüfte, aufgearbeitete Occasionsteile bieten die Mitglieder der Vereinigung der offiziellen Autosammelstellen (www.vasso.ch) an. Ihnen zufolge sind diese Teile 20 bis 50 Prozent billiger als Neuteile.