Die Titelseiten der unzähligen Diät-Ratgeber versprechen einfache und durchschlagende Erfolge: Mit Low-Carb könne man «schnell und sicher abnehmen», steht auf dem Umschlag des gleichnamigen Buches. Die Dukan-Diät wird als «Erfolgsdiät der Stars» angepriesen. Das neue Programm Genetic Balance sei eine echte «Diät-Revolution», schreibt der Verlag aufs Buch.
Doch viele der Diäten taugen nichts, wie ein Test des Gesundheitstipp zeigte. Er prüfte zehn Konzepte – je fünf «Klassiker» und Neuerscheinungen. Bewertet wurden sie von Präventivmediziner David Fäh von der Uni Zürich, vom Basler Stoffwechsel-Spezialisten Ulrich Keller und vom Zürcher Hausarzt Thomas Walser. Die drei Experten beurteilten, ob die Diäten im Alltag praktisch sind, ob die Zusammensetzung gesund ist und ob die Diäten dazu anregen, das Essverhalten dauerhaft zu ändern.
Kleine Portionen, keine Zwischenmahlzeit
Das Resultat ist vernichtend: Sieben der zehn Diäten sind ungenügend oder schlecht. Gut schnitt einzig die Simplify-Diät ab. Die Idee: Kilos sollen purzeln, indem man den Speiseplan vereinfacht. Das Buch empfiehlt zum Beispiel, den Vorratsschrank zu entrümpeln und die Essgewohnheiten zu überprüfen. In der Küche soll man nur gesunde, leichte Grundprodukte wie Senf oder Tomatenmark aufbewahren. Fertigsaucen oder Schlagrahm-Sprühdosen soll man wegwerfen. Die Simplify-Diät rät zudem, man solle kleine Portionen schöpfen und auf Zwischenmahlzeiten verzichten.
Präventivmediziner David Fäh lobt: «Die Tipps sind alltagsnah und einfach umsetzbar – für jeden ist etwas dabei.» Positiv wertet er auch, dass die Diät keine Lebensmittel verbietet. Verbote führten oft dazu, dass man nach der Diät wieder zunehme. Die Simplify-Diät habe von allen geprüften Büchern «das grösste Potenzial, das Körpergewicht nachhaltig zu verändern», sagt Fäh.
Ulrich Keller hält die Diät für gut, weil sie kein klassisches Diätprogramm mit fixen Menüplänen enthält. Keller findet Diäten mit Rezepten, die man nachkochen muss, grundsätzlich fragwürdig: «Diese Programme wirken nur kurze Zeit. Denn sie regen nicht dazu an, das Essverhalten zu verändern.»
Als immerhin noch «genügend» bewerteten die Experten die Nebenbei-Diät. Auch sie ist keine Diät im klassischen Sinn. Sie regt dazu an, kalorienreiche Menüs durch Lebensmittel zu ersetzen, die weniger Fett und Zucker enthalten. Zum Beispiel soll man Spaghetti mit Tomaten- statt mit Carbonara-Sauce zubereiten. «Dieses Buch vereint alle wichtigen Tipps», sagt Hausarzt Walser.
Das einzige «genügende» klassische Diätprogramm ist die Brigitte-Ideal-Diät. Sie besteht aus drei Menüplänen mit Rezepten für je zwei Wochen. Gut ist vor allem die Zusammensetzung der Menüs. Ulrich Keller bezweifelt allerdings, dass man die Rezepte auf Dauer nachkocht: «Man braucht viel Zeit dazu.» Deshalb könnten Berufstätige oder Menschen, die nicht gerne kochen, diese Methode nicht langfristig anwenden. Die zweiwöchigen Diätphasen seien zu kurz und begünstigten «Rückfälle und Frust», so Keller. Zur Kritik der Fachleute wollte der Mosaik Verlag, der das Brigitte-Diät-Buch herausgibt, nicht Stellung nehmen.
Die restlichen sieben Diäten überzeugten die Experten nicht. Die Dukan-Diät und Low-Carb, bei denen man viel Eiweiss und wenig Kohlenhydrate essen soll, erhielten beide die Note «ungenügend». Stoffwechsel-Experte Keller kritisiert: «Wer verzichtet schon gerne dauerhaft auf Brot, Teigwaren, Kartoffeln und Süssigkeiten.» Die einseitige Ernährung verringert laut Thomas Walser die Chancen: «Das führt oft dazu, dass man die Diät aus Langeweile vorzeitig beendet.» Zudem sei es ungesund, viel Fleisch und Fisch zu essen: «Das belastet die Nieren und kann Gicht begünstigen.» Bei beiden Diäten bemängeln die Fachleute zudem das Fehlen eines Sportprogramms.
Nicolai Worm, Autor des Low-Carb-Buches, entgegnet, Sport nütze beim Abspecken nichts. Er sei nur wichtig, um danach das Gewicht zu halten. Es stimme nicht, dass die Diät schnell verleide. Und es gebe keine Beweise, dass sie zu Nierensteinen oder Gicht führe.
Pierre Dukan behauptet, jeder Dritte nehme nach Diätende nicht wieder zu. Künstliche Süssstoffe seien erlaubt, und wer pro Tag mindestens 2 Liter Wasser trinke, könne keine Nierenprobleme bekommen. Zudem sagt Dukan, zu viel Sport steigere den Appetit.
Ebenfalls ungenügend waren die Minus-1-Diät und Genetic Balance. Bei der Minus-1-Diät soll man je eine Woche lang auf bestimmte Nahrungsmittel verzichten – etwa auf Zucker, Kaffee, Weissmehl oder Fleisch. Präventivmediziner David Fäh kritisiert: «Dieses Konzept ist nutzlos. Der Ausschluss von Nahrungsmitteln ist keine nachhaltige Lösung.» Zudem bringe es nichts, z. B. auf Kaffee zu verzichten, wenn man abnehmen will.
Genetic Balance: «Völlig unhaltbare These»
Genetic Balance schiebt die Schuld für Übergewicht den Genen zu: Wer «Gene der Jäger und Sammler» in sich trage, verbrenne viel Fett. Wer hingegen «Gene der Ackerbauern» besitze, verbrauche Kohlenhydrate. Das sei eine «völlig unhaltbare These», sagt Walser. Genetic-Balance-Autor Lutz Bannasch verweist auf Studien, die belegen würden, dass Übergewicht «zu rund 70 Prozent» genetische Ursachen habe. Ronald Schweppe und Aljoscha Schwarz, Erfinder der Minus-1-Diät, entgegnen, es gehe nicht um den Ausschluss von Nahrungsmitteln, sondern darum, besser wahrzunehmen, welche Ernährung einem persönlich gut tue.
Die Autoren von «Einfach abnehmen mit dem Ampelkonzept» schreiben, das Buch sei die Neuauflage eines 2004 erschienenen Ratgebers, Teile des Buches seien veraltet. Die Verfasser des Dinner-Cancelling-Buches finden, die Diät könne man gut im Alltag umsetzen: Es genüge, dreimal pro Woche auf das Abendessen zu verzichten.
Die schlechteste Note erhielt die Trennkost: Man soll eiweisshaltige Lebensmittel und Kohlenhydrate getrennt essen. Es sei nicht wissenschaftlich bewiesen, dass diese Ernährungsform deshalb nütze, sagt Fäh: «Das Trennen ist unpraktisch und schränkt den Essgenuss zu stark ein.» Weder die Autoren noch der Trias-Verlag nahmen zur Kritik Stellung.
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