Zu hohe Prämien bei den Zusatzversicherungen
Die Krankenkassen sparen in den Zusatzversicherungen jährlich bis zu 1,5 Milliarden Franken. Dieses Geld gehört den Versicherten. Doch die Kassen weigern sich, die Prämien entsprechend zu senken.
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saldo 18/2012
03.11.2012
Letzte Aktualisierung:
05.11.2012
Eric Breitinger
Eine 35-jährige Zürcherin muss nächstes Jahr bei der Krankenkasse Swica für ihre Spitalzusatzversicherung halbprivat Fr. 1282.80 pro Jahr bezahlen. Diese übernimmt im Spital die Kosten für ein Zweierzimmer und erlaubt der Versicherten zu bestimmen, welcher Arzt sie operieren soll.
Bei der Concordia zahlt die Zürcherin für den Zusatz «Allgemein ganze Schweiz» zusätzlich eine Jahresprämie von Fr. 146.40. Diese Versicherun...
Eine 35-jährige Zürcherin muss nächstes Jahr bei der Krankenkasse Swica für ihre Spitalzusatzversicherung halbprivat Fr. 1282.80 pro Jahr bezahlen. Diese übernimmt im Spital die Kosten für ein Zweierzimmer und erlaubt der Versicherten zu bestimmen, welcher Arzt sie operieren soll.
Bei der Concordia zahlt die Zürcherin für den Zusatz «Allgemein ganze Schweiz» zusätzlich eine Jahresprämie von Fr. 146.40. Diese Versicherung soll allfällige Zusatzkosten bei Behandlungen in einem ausserkantonalen Spital decken. In beiden Fällen sind die Prämien genauso hoch wie im Vorjahr.
Prämien fürs nächste Jahr bleiben meist unverändert
Das ist typisch, wie eine saldo-Umfrage bei 13 Krankenkassen zeigt: Die Prämien bleiben 2013 für fast alle Spitalzusatzversicherten unverändert. Es gibt nur wenige Ausnahmen: Wincare senkt die Prämien für halbprivate und private Spitalzusatzversicherungen. Die Helsana-Gruppe gewährt «freiwillig» eine Vergünstigung von 5 Prozent auf alle Spitalzusätze. Sympany hatte für 2012 die Prämien für den Zusatz «allgemeine Abteilung ganze Schweiz» um 20 Prozent gesenkt, Concordia um 10 Prozent.
Dabei müssten eigentlich alle Prämien billiger werden. Laut der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren müssten die Versicherer ihre Prämien beim Zusatz «Allgemein ganze Schweiz» um über 90 Prozent und bei den privaten und halbprivaten Spitalzusätzen «substanziell» reduzieren. Denn die Versicherungen sparen dank der dieses Jahr in Kraft getretenen Spitalfinanzierung Kosten zwischen 900 Millionen und 1,5 Milliarden Franken pro Jahr. Diverse Neuerungen in der Spitalfinanzierung entlasten die Versicherer:
- Bis zu 90 Prozent ihrer bisherigen Aufwendungen sparen die Versicherungsgesellschaften bei der Zusatzversicherung «Allgemein ganze Schweiz». Laut Schätzungen sind das insgesamt 100 bis 550 Millionen Franken pro Jahr. Denn die Wohnkantone müssen neu die Kosten mitübernehmen, die durch ausserkantonale Behandlung von Zusatzversicherten entstehen. Das entlastet die Krankenkassen.
- Weitere 500 bis 600 Millionen Franken können die Versicherer beim erwähnten Produkt «Allgemein ganze Schweiz» sparen. Denn die Kantone müssen nach einer Übergangsfrist mindestens 55 Prozent der Behandlungskosten in bisher nicht subventionierten Privatspitälern zahlen, falls diese auf einer kantonalen Spitalliste stehen. Bisher trugen die Versicherer diese Ausgaben allein.
- 300 bis 350 Millionen Franken sparen die Versicherer bei den halbprivaten und privaten Spitalzusätzen. Grund: Die Kantone übernehmen neu mindestens 55 Prozent an den Kosten der Grundversicherungsleistungen für Behandlungen in allen Spitälern, die auf kantonalen Spitallisten stehen. Bisher waren es maximal 50 Prozent.
Die Versicherungen erklären auf Anfrage, dass es für Abschläge bei den Prämien noch zu früh sei. Die nötigen Zahlen würden noch fehlen.
Finanzmarktaufsicht prüft die Tarife auf Missbrauch
Für Janine Jakob von der Stiftung für Konsumentenschutz sind das Ausreden: «Die Versicherungen könnten angesichts der Kostenentlastung locker ihre Prämien senken.» Die Finanzmarktaufsicht Finma müsse einschreiten, um die Zusatzversicherten vor missbräuchlich hohen Tarifen zu schützen. In der Tat verlangte die Finma im April von den Zusatzversicherern, ihr neue Daten zur «Kostenentwicklung» bis Mitte Juli vorzulegen. Sie sagt, die neue Spitalfinanzierung könnte «direkt Auswirkungen auf die Schadensbelastung haben». Und dass sie die Tarife auf Missbrauch prüfe, um Kassen allenfalls die Genehmigung zu verweigern. Seitdem herrscht Funkstille. Laut Finma lassen die vorliegenden Daten noch keine «verlässlichen Schlussfolgerungen» oder «tarifliche Massnahmen» zu.