Konsumenten subventionieren die Energiekonzerne
Axpo, Alpiq & Co. machen mit Pumpspeicherkraftwerken hohe Gewinne. Drei neue Werke sind bereits im Bau. Die Kosten für den Netzausbau tragen allein die Stromkunden.
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saldo 18/2012
03.11.2012
Letzte Aktualisierung:
05.11.2012
Yves Demuth
Die Pumpen der Pumpspeicherkraftwerke verbrauchen rund 4 Prozent des gesamten Jahresstromverbrauchs der Schweiz. Das sind 2,5 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom. Damit pumpen sie Wasser in einen Stausee – vorwiegend während der Nacht mit überschüssigem und deshalb im europäischen Strommarkt günstig angebotenen Atom- oder Kohlestrom. Über Mittag, wenn der Bedarf am höchsten ist, verkaufen sie den Strom aus den Stauseen teuer weiter.
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Die Pumpen der Pumpspeicherkraftwerke verbrauchen rund 4 Prozent des gesamten Jahresstromverbrauchs der Schweiz. Das sind 2,5 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom. Damit pumpen sie Wasser in einen Stausee – vorwiegend während der Nacht mit überschüssigem und deshalb im europäischen Strommarkt günstig angebotenen Atom- oder Kohlestrom. Über Mittag, wenn der Bedarf am höchsten ist, verkaufen sie den Strom aus den Stauseen teuer weiter.
Drei neue Pumpspeicherkraftwerke unter anderem von Axpo und Alpiq sind in den Kantonen Glarus, Waadt und Wallis im Bau. Die Bernischen Kraftwerke BKW und die bündnerische Repower planen am Grimsel und auf dem Berninapass zwei weitere Werke. Durch den Bau kommen auf die Stromkonsumenten grosse Kosten zu. Die riesigen Speicherwerke benötigen viel Pumpstrom, deshalb müssen neue Stromleitungen gebaut werden. An den Kosten dafür müssen sich die Kraftwerksbesitzer nicht beteiligen. Anders in Österreich. Dort bittet der Staat die Kraftwerksbesitzer zur Kasse.
Pumpstrom-Transport: Stromkonzerne zahlen keinen Rappen
In der Schweiz müssen die Endverbraucher, also Mieter, Wohnungsbesitzer und Unternehmen, pro verbrauchte kWh eine Hochspannungsnetz-Gebühr von 0,15 Rappen zahlen. Für die Stromkonzerne hingegen ist der Transport des Pumpstroms gratis – obwohl die Kraftwerksbetreiber hier nicht Stromproduzenten, sondern Verbraucher sind. Bereits heute sparen sie so jedes Jahr Leitungsgebühren von mindestens 3,75 Millionen Franken. So viel kostete 2011 der Transport der verbrauchten 2,5 Milliarden kWh Pumpstrom.
Künftig fällt die Gebührenersparnis noch höher aus: Allein die im Bau befindlichen Pumpspeicher Linth-Limmern in Glarus (Axpo), Nant de Drance im Kanton Wallis (Alpiq und Partner) sowie Veytaux oberhalb Montreux (Kraftwerke Hongrin-Léman) werden für ihre Pumpen 7,45 Milliarden kWh Strom verbrauchen. Zum Vergleich: Das entspricht dem Jahresverbrauch von 990 000 Einfamilienhäusern. Insgesamt sparen die Kraftwerksbetreiber in Zukunft nicht nur 3,75 Millionen, sondern rund 15 Millionen Franken pro Jahr.
Die Gebührenbefreiung der Stromkonzerne wird zurzeit in einer Arbeitsgruppe des Bundesamts für Energie diskutiert. Dass aber der Gratistransport von Pumpstrom bald ein Ende haben wird, bezweifeln Beobachter angesichts des starken Lobbyings der Elektrizitätswirtschaft.
Repower sagt gegenüber saldo, dass man das Pumpspeicherwerk am Berninapass «höchstwahrscheinlich» nicht realisieren würde, wenn die Firma auf Pumpstrom Netzgebühren zahlen müsste. Der Bündner Stromkonzern argumentiert, es brauche die Pumpspeicher für die Energiewende, die das Departement Leuthard plant. Dem widerspricht Felix Nipkow von der Energiestiftung Schweiz: Statt Geld in Pumpspeicher zu investieren, sollten Wind- und Solaranlagen gefördert werden.
Die Energiestiftung, die welsche Konsumentenorganisation FRC und die Gruppe grosser Stromkunden mit unter anderem Migros und Coop kritisieren die Gebührenbefreiung der Stromkonzerne. Kein Wunder: Die Detailhändler und andere grosse Unternehmen mit einem hohem Strombedarf zahlen ebenfalls Netzgebühren.
Gewinne nicht an Konsumenten weitergeleitet
Für die Grossunternehmen ist klar: «Die Endverbraucher subventionieren die Pumpspeicher.» Gegenüber dem Bundesamt für Energie fordern sie, dass auch die Kraftwerkbesitzer Netzgebühren zahlen müssen. Es sei «nicht verursachergerecht, wenn der Netzausbau fast ausschliesslich durch die Schweizer Verbraucher bezahlt» werde.
Die Westschweizer Konsumentenorganisation FRC hält das heutige Modell nur dann für akzeptabel, wenn die Pumpspeicherwerksbesitzer ihre Gewinne an die Konsumenten weitergeben würden. Das sei nicht der Fall. Im Gegenteil: Die Konsumenten zahlen die neuen Leitungen, während die Stromkonzerne höhere Gewinne einstreichen.
Am Beispiel von Nant de Drance im Kanton Wallis heisst das konkret: Das neue Pumpspeicherwerk benötigt eine 22 Kilometer lange neue Hochspannungsleitung. Kosten: mindestens 18 Millionen Franken.