Kein Freipass für Therapien
Ein Mann begab sich zur Schmerztherapie in eine deutsche Privatklinik für Biokinematik. Jetzt ärgert er sich über seine Krankenkasse: Sie will die hohen Kosten nicht übernehmen.
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K-Tipp 08/2012
14.04.2012
Letzte Aktualisierung:
16.04.2012
Ernst Meierhofer
Nach Ansicht des deutschen Allgemeinmediziners Walter Packi haben alle Schmerzen ihre Ursache in einer Verspannung oder Verkürzung der Muskeln. Er hat deshalb die Biokinematik erfunden, deren Ziel die «Korrektur der Bewegungsgeometrie» ist: Gestörte Muskeln sollen dank seiner manuellen Therapie wieder normal funktionieren. Eine Art alternative Physiotherapie also beziehungsweise eine Schmerztherapie, die angeblich auch bei Migräne und Arthrose hilft.
Nach Ansicht des deutschen Allgemeinmediziners Walter Packi haben alle Schmerzen ihre Ursache in einer Verspannung oder Verkürzung der Muskeln. Er hat deshalb die Biokinematik erfunden, deren Ziel die «Korrektur der Bewegungsgeometrie» ist: Gestörte Muskeln sollen dank seiner manuellen Therapie wieder normal funktionieren. Eine Art alternative Physiotherapie also beziehungsweise eine Schmerztherapie, die angeblich auch bei Migräne und Arthrose hilft.
Im deutschen Bad Krozingen betreibt Packi eine Privatklinik. Ab Basel sind es mit dem Auto nur 40 Minuten Fahrzeit. Entsprechend sind auf seinem Parkplatz viele Autos mit Schweizer Nummern zu sehen.
Auch Marco Schick aus dem Aargau (Name geändert) war zur Schmerzbehandlung bei Packi. Er leidet an chronischen Kopfschmerzen, gegen die die Schulmedizin bisher kein Rezept fand. Ein Arbeitskollege Schicks hatte mit seinem Bandscheibenvorfall in Bad Krozingen sehr gute Erfahrungen gemacht.
Die Kopfwehbehandlung in Bad Krozingen hat wenig Linderung gebracht – und Schick erhielt erst noch gesalzene Rechnungen gemäss dem Haustarif der Klinik. An jedem Tag seines Aufenthalts kosteten allein die Therapien 400 bis 600 Franken.
Therapeuten-Liste ist entscheidend
Bei der Krankenkasse Concordia hat Schick die Zusatzversicherung Natura. Sie zahlt Behandlungen «durch Concordia-anerkannte Naturärzte und Therapeuten und für Concordia-anerkannte Methoden». Doch die Kasse lehnte eine Übernahme von Schicks Kosten ab. Die Klinik sei von der Concordia nicht anerkannt.
Der Fall zeigt: Zusatzversicherungen für Alternativmedizin sind kein Freipass für beliebige Behandlungen – auch wenn in vielen Prospekten und Versicherungsbedingungen beispielsweise steht, es seien «Kosten pro Jahr bis maximal 4000 Franken bezahlt».
Entscheidend ist, ob der betreffende Therapeut auf der Liste der anerkannten Therapeuten steht und ob die angewandte Methode von der Kasse anerkannt ist. Beide Bedingungen müssen erfüllt sein. Dies sollte man immer vor Therapiebeginn abklären und eine schriftliche Kostengutsprache verlangen. Sonst kann es böse Überraschungen absetzen.
Dazu kommt, dass die Kassen gemäss den Versicherungsbedingungen immer nur einen Anteil von beispielsweise 80 Prozent der Kosten übernehmen. Auch wenn eine Phase von neun Behandlungen vorüber ist, prüfen die Kassen in der Regel genau, ob sie noch weitere Sitzungen übernehmen oder nicht.
Schmerztherapie nicht anerkannt
Stossend ist, dass die deutsche Privatklinik ihre Schweizer Kundschaft offenbar im Glauben lässt, Schweizer Kassen würden unbesehen zahlen. Dem Patienten Schick sagte eine Mitarbeiterin, das sei bei Sanitas, Helsana, Swica, Progrès und EGK der Fall sowie bei der Suva.
Das ist in dieser Form falsch. Helsana und Progrès zum Beispiel haben damit schon Ende 2009 aufgehört. Die Methode habe sich als unwirksam erwiesen. Sanitas und Swica zahlen nur in Einzelfällen. Einzig die EGK hat Packis Schmerztherapie ohne Einschränkungen anerkannt. Die meisten anderen Krankenkassen zahlen grundsätzlich nichts an diese Schmerztherapie. Packi hat zu diesem Vorwurf nicht Stellung genommen.
Bei der Suva heisst es: «Wissenschaftlich nicht anerkannte Therapien gehören grundsätzlich nicht zu den Pflichtleistungen der Unfallversicherung.» Dennoch zahle die Suva in Einzelfällen. Im Jahr 2010 habe sie in total sechs Fällen Geld nach Bad Krozingen überwiesen.
Tipps: Rücksprache mit der Versicherung
- Erfahrungsmedizinische Methoden decken meist nur Zusatzversicherungen.
- Verlangen Sie vor einer alternativmedizinischen Behandlung stets eine Kostengutsprache – sowohl für den Therapeuten als auch für die Therapieform.
- In Einzelfällen werden von den Versicherungen teilweise auch Behandlungen im Ausland übernommen.