Buch-Tipps
Viele Unternehmen ködern Konsumenten mit kostenlosen Angeboten. Doch diese können teuer zu stehen kommen, erklärt US-Autor Raj Patel.
Inhalt
saldo 02/2011
30.01.2011
Letzte Aktualisierung:
01.02.2011
Jonas Arnold, ssc, hü, mmn
Die Gratiskultur und ihre Kosten
Gratisangebote sind nie kostenlos. Die Konsumenten zahlen entweder indirekt – oder die Allgemeinheit muss dafür aufkommen. Das ist die Kernaussage des Buchs des Berkeley-Professors Raj Patel.
Er veranschaulicht seine These am Beispiel des Gratisdruckers: Wer glaubt, dass dieser nichts kostet, täuscht sich. Der Konsument bezahlt für das «Geschenk», indem er überteuerte Patronen ...
Die Gratiskultur und ihre Kosten
Gratisangebote sind nie kostenlos. Die Konsumenten zahlen entweder indirekt – oder die Allgemeinheit muss dafür aufkommen. Das ist die Kernaussage des Buchs des Berkeley-Professors Raj Patel.
Er veranschaulicht seine These am Beispiel des Gratisdruckers: Wer glaubt, dass dieser nichts kostet, täuscht sich. Der Konsument bezahlt für das «Geschenk», indem er überteuerte Patronen für den Betrieb braucht.
Auch Gratis-Online-Portale sind laut Patel nie kostenlos: Sie veröffentlichen Medienmitteilungen ohne Prüfung oder handeln Nachrichten flüchtig ab. Folge: Die Leser fühlen sich gut informiert, sind es aber nicht. Zudem setzen solche Gratisportale Verkaufsmedien unter Druck, denen die zahlende Kundschaft davonläuft.
Die Verlage streichen Stellen, sodass den Redaktionen der Bezahlzeitungen zunehmend Mittel für die Recherche fehlen – die Qualität der Berichterstattung leidet. Das schadet letztlich der Demokratie, die gute Medien und wohlinformierte Bürger braucht.
Die Folgen der Gratiskultur bekommt auch die Dritte Welt zu spüren: Laut der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften stammt knapp die Hälfte des in Druckern oder Handys verbrauchten Rohstoffs Tantal aus Ost-Kongo.
Die Hersteller erhalten das Metall so billig, weil Warlords die lokale Bevölkerung versklaven und Menschenrechte verletzen. Patel gibt dem freien Markt die Schuld, kennt aber keine Lösungen. Sein Buch ist dennoch lesenswert. Es die Gratiskultur auf den Punkt bringt.
Raj Patel, «The Value of Nothing. Was kostet die Welt?», Riemann, ca. Fr. 35.–
Witziges Wirtschaftslexikon
Die deutschen Journalisten Marc Beise und Eberhard Wolf haben ein humorvolles «Wirtschaftsalphabet» zusammengestellt. Es ist nicht vollständig, aber anschaulich geschrieben. Die gekonnt gedrechselten Beiträge bieten viel Lesespass. Etwa der Eintrag zu Juristen: «Schlimm. Feindbild der Ökonomen.
Strukturiertes Denken, aber keine eigene Meinung. Sprachverhunzer. Aktenfresser... Juristen sind für Ökonomen Problemsucher und Verhinderer.» Es gibt weitere launige Einträge etwa zu Onkel Dagobert und seinem Geldspeicher. Daneben wartet das Werk mit vielen seriösen Informationen auf – von A wie Abfindung bis Z wie Zinseszins.
Marc Beise, Eberhard Wolf, «Viel Geld haben», Econ, ca. Fr. 38.–
Düstere Medienanalyse
Der Befund der Journalisten Richard Aschinger und Christian Campiche über den Zustand der Schweizer Medien ist verheerend: «In der durchkommerzialisierten Medienwirtschaft gewinnt die Werbung immer mehr Einfluss auf Form und Inhalt ihrer Trägermedien:
Schamlos in Gratisblättern, Heften für Frauen- und Spezialinteressen und auf Privat-Fernsehkanälen. Etwas dezenter, aber deutlich sichtbar auch in Zeitungen, die ein Qualitätsimage pflegen.»
Das Buch ist für all jene lesenwert, die einen Überblick über die Presse suchen. Und sich nicht abschrecken lassen, dass die Autoren zu sehr der guten alten Zeit nachtrauern.
Richard Aschinger, Christian Campiche, «News-Fabrikanten», Europa Verlag, ca. Fr. 27.–
Moralisch essen im Selbstversuch
Autorin Karen Duve beschliesst als überzeugte Fleischesserin einen Selbstversuch: Jeweils zwei Monate lang ernährt sie sich nur als Vegetarierin, Veganerin und sogar als Frutarierin, die bloss Obst isst. In dieser Zeit leidet und geniesst, hungert und schmaust sie.
Sie vertieft sich in die Konzepte der teils radikalen Ernährungsweisen. Bis sie zuletzt beschliesst, ihre Ernährung umzustellen und das Beste aus jeder dieser Lebensweisen zu übernehmen.
Ihr spannend geschriebener Erlebnisbericht glänzt mit trockenem Humor. Er eignet sich für jeden Fleischesser, der bei Bildern von Massentierhaltung und Tierquälerei ins Grübeln gerät.
Karen Duve, «Anständig Essen. Ein Selbstversuch», Galiani, ca. Fr. 35.–