Ein Joghurt, ein Vollkornbrötchen oder eine Tasse Tee: Was normalerweise keinerlei Gefahr darstellt, kann sich mit der Einnahme bestimmter Medikamente plötzlich negativ auf die Gesundheit auswirken. Gemäss Hugo Kupferschmidt, Direktor des Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrums, ist den Patienten häufig nicht bekannt, ob bestimmte Nahrungsmittel problematisch sind – was «im Einzelfall dramatisch sein kann».
Kupferschmidt: «Wenn die Wirkung des Medikamentes durch das Lebensmittel verstärkt wird, drohen mehr unerwünschte Nebenwirkungen. Wenn die Wirkung abgeschwächt wird, ist die Therapie ungenügend.»
Dies bestätigt Kaspar Berneis, leitender Arzt und Stoffwechselspezialist am Universitätsspital Zürich. Meistens seien die Reaktionen zwischen Medikamenten und Nahrungsmitteln vorübergehend und ohne bleibende Schädigung. «Vereinzelte schwere Reaktionen mit möglichen fatalen Folgen sind jedoch auch schon vorgekommen.»
Bernhard Lauterburg, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie der Universität Bern, plädiert für Aufklärung: «Der behandelnde Arzt sollte darüber informieren, ob gewisse Nahrungsmittel vermieden werden müssen.» Bei rezeptfreien Medikamenten stünden die Apotheker in der Pflicht. Dann hätten Patienten auch keine Risiken zu befürchten.
saldo gibt im Folgenden eine Übersicht, bei welchen Nahrungsmitteln man während der Einnahme bestimmter Medikamente Vorsicht walten lassen sollte.
Milchprodukte und Antibiotika
Einige Antibiotika verlieren ihre Wirkung in Kombination mit Milch, Milchprodukten oder Mineralwasser mit hohem Kalziumgehalt. Grund: Die Antibiotika verbinden sich mit dem Kalzium der Produkte und es bilden sich Klumpen. Die Antibiotika werden nicht mehr ins Blut aufgenommen, bleiben im Darm, werden verdaut und können nicht wirken.
Milch behindert auch Fluoride und Bisphosphonate, Mittel gegen Osteoporose und Tumorleiden. Zwei Stunden vor und nach der Einnahme der Medikamente sollte man keine Milchprodukte zu sich nehmen.
Grapefruits und diverse Medikamente
Die Grapefruit kann im Darm ein Enzym hemmen, das für den Abbau verschiedener Medikamente wichtig ist. Wirksame Arzneimittelbestandteile sammeln sich so im Körper an. Deren Abbau wird verlangsamt, sie wirken stärker und können mehr Nebenwirkungen verursachen.
Vitamin K und Ginko bei Blutverdünnern
Blutverdünner erhalten Patienten, wenn die Gefahr einer Thrombose besteht. Das Medikament soll die Blutgerinnung hemmen und so Thrombosen vermeiden. Gegenspieler von Blutverdünnern sind Nahrungsmittel, die Vitamin K enthalten. Dieses ist wichtig für die Blutgerinnung in der Leber. Vitamin K setzt die Wirkung der Blutverdünner herab – es kommt zu einer verstärkten Gerinnungsneigung.
Vitamin K ist in grossen Mengen enthalten in Blumenkohl, Broccoli, Avocados, Spinat, Erbsen, Sojabohnen, schwarzem Tee und Leber. Dagegen verstärken ginkohaltige Präparate und Ginkotee den Effekt von Medikamenten zur Blutgerinnung. Es besteht das Risiko unerwarteter Blutungen.
Ballaststoffe und Schmerzmittel oder Antidepressiva
Ballaststoffe quellen im Darm auf und binden Flüssigkeit und verschiedene Stoffe, so auch Medikamente. Dies kann dazu führen, dass die Wirkstoffe der Medikamente nicht mehr im Körper aufgenommen werden. Man sollte deshalb eine Stunde vor und nach der Einnahme der Medikamente keine ballaststoffreichen Lebensmittel wie zum Beispiel Vollkornbrot oder Müesli essen.
Fettreiche Nahrungsmittel und diverse Medikamente
Bei fettigen Speisen dauert es länger, bis sie vom Magen in den Darm transportiert werden. Bei Medikamenten, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, kann durch fettreiches Essen die Wirkung bis um 12 Stunden verzögert eintreten – etwa bei Schmerzmitteln oder Antidiabetika.
Umgekehrt können bestimmte Medikamente eine bessere Wirkung entfalten, wenn sie mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen werden. Durch die langsame Magenentleerung nimmt sie der Körper besser auf. Dies gilt etwa für das Antiaknemittel Roaccutan.
Aminosäure Tyramin und Antidepressiva
Bei der Einnahme bestimmter Antidepressiva – sogenannter nichtselektiver MAO-Hemmer – dürfen nicht gleichzeitig grosse Mengen von Nahrungsmitteln gegessen werden, welche die Aminosäure Tyramin enthalten. Ansonsten droht ein krisenhafter, lebensbedrohlicher Blutanstieg. Tyramin findet sich unter anderem in reifem Käse, Linsen, weissen Bohnen, getrocknetem oder geräuchertem Fleisch, Hefe, Wein und Bier.
Alkohol und diverse Medikamte
Alkoholische Getränke können den Abbau von Medikamenten hemmen. Der Grund: Während der Körper damit beschäftigt ist, den Alkohol zu verwerten, verbleiben die Arzneisubstanzen im Körper und werden erst später abgebaut. Ihre Wirkungsdauer und -kraft ist höher.
Citrate und Mittel gegen Magenübersäuerung
Süssgetränke und Brausetabletten enthalten Salze der Zitronensäure, sogenannte Citrate. Bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten gegen Magenübersäuerung können Citrate den Aluminium-Blutspiegel im menschlichen Körper in potenziell toxische Bereiche ansteigen lassen.
Kaffee und Tee und diverse Medikamente
Einerseits hemmt Koffein eine Enzymgruppe, die für den Abbau bestimmter Medikamente im Körper verantwortlich ist. Dies führt zu einer verstärkten Wirkung. In einem solchen Fall muss die Dosis reduziert werden. Andererseits können die in Kaffee und Tee enthaltenen Gerbstoffe zu einer Wirkungseinbusse von Medikamenten führen. Bestimmte Antibiotika hemmen wiederum den Abbau des Koffeins im Körper – gleichbleibender Kaffeekonsum kann dann zu Nervosität, Schlafstörungen und Herzrasen führen.