Preise bleiben trotz Parallelimporten hoch
Seit Juli 2009 sollten die Preise in der Schweiz sinken, weil Detailhändler neu direkt im Ausland einkaufen dürfen. Doch die Konsumenten spüren bisher kaum etwas davon.
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saldo 08/2010
25.04.2010
Letzte Aktualisierung:
27.04.2010
Thomas Lattmann
Bei Denner kostet eine Tube Elmex Fr. 3.75, bei Coop Fr. 3.95 und bei Migros Fr. 4.90. Grund: Denner kauft die Zahnpasta im Ausland ein, wo sie günstiger ist als beim Schweizer Ableger des Konzerns Gaba, bei dem sich Coop und Migros eindecken.
Denner tut nichts Illegales. Seit letztem Juli haben Händler in der Schweiz sogar das Recht, auch patentgeschützte Güter neben dem offiziellen Verkaufskanal eines Herstellers frei zu importieren – mit Ausnahme von M...
Bei Denner kostet eine Tube Elmex Fr. 3.75, bei Coop Fr. 3.95 und bei Migros Fr. 4.90. Grund: Denner kauft die Zahnpasta im Ausland ein, wo sie günstiger ist als beim Schweizer Ableger des Konzerns Gaba, bei dem sich Coop und Migros eindecken.
Denner tut nichts Illegales. Seit letztem Juli haben Händler in der Schweiz sogar das Recht, auch patentgeschützte Güter neben dem offiziellen Verkaufskanal eines Herstellers frei zu importieren – mit Ausnahme von Medikamenten. Nach über zehn Jahren Verhinderungspolitik stimmte das Parlament der Zulassung von Parallelimporten aus dem europäischen Raum zu.
Die Preise sollten damit angeblich pro Jahr um 150 Millionen Franken sinken, hiess es im Rat. «Ein Meilenstein für die Konsumenten», sagte dazu das Forum für Parallelimporte und höhere Kaufkraft. Ihm gehören unter anderem Migros, Coop, Denner und Manor an.
Seither ist es in Sachen Direktimporte und Preissenkungen bei den Grossverteilern verdächtig ruhig geworden. Mit Ausnahme von Denner. Der Detailhändler hatte sich schon früher gegen das Verbot von Parallelimporten engagiert und gegen Zahnpastaherstellerin Gaba geklagt, weil diese jahrelang den Import der billigeren Elmex aus Österreich verhindert hatte. Im letzten Dezember verurteilte die Wettbewerbskommission deswegen Gaba zu einer Busse von 4,8 Millionen Franken.
Heute importiert Denner diverse Produkte direkt aus den EU-Ländern und gibt die Einsparungen an die Konsumenten weiter. So wurde der Preis bei Elmex von Fr. 4.40 auf 3.75, bei Meridol von Fr. 5.30 auf 4.40 gesenkt. Dauerhafte Preisreduktionen dank Einkauf auf dem Parallelmarkt hat Denner laut eigenen Angaben auch bei o.b.-Tampons, Palmolive ultra Geschirrspülmittel und Dove-Seifen vorgenommen.
Coop und Migros: Nur punktuell Abschläge
Bei Coop und Migros hingegen gab es aufgrund von Parallelimporten bis jetzt keine dauerhaften Preissenkungen. Coop-Sprecher Nicolas Schmied erklärt dies mit der grossen Menge, die Coop einkaufen müsse. «Über 800 Supermärkte mit Waren aus Parallelimporten zu versorgen, ist schlicht nicht möglich.» Die Hersteller würden die zu liefernden Mengen auf die nationalen Märkte ausrichten. Deshalb sind laut Schmied nur Kleinmengen beschaffbar. Und deshalb könne Coop nur punktuell Waren aus Parallelimporten zu reduzierten Preisen anbieten.
Die Migros stösst ins gleiche Horn. Und: Waren parallel zu importieren sei viel aufwendiger als über die offiziellen Kanäle. Damit sich das lohne, müsse die Preisdifferenz genug gross sein. Das war Anfang Jahr bei einem Posten Axe-Duschmittel offenbar der Fall, den die Migros im Ausland 35 Prozent günstiger beschaffen konnte. Die Konsumenten profitierten aber nur eine Woche lang von den tieferen Preisen.
Auch andere Grossverteiler kennen nur zeitlich begrenzte Aktionen mit parallel importierten Gütern. Peter Stefani bestätigt dies für die Baumarkt-Kette Jumbo. So seien kürzlich eine Hitachi-Schlagbohrmaschine und ein Makita-Akkuschrauber günstig erhältlich gewesen. Solche Aktionen biete man aber nur an, wenn es sich um Produkte von Markenvertretungen handle, mit denen Jumbo sonst nicht zusammenarbeite, sagt Stefani.
Denn seine Schweizer Lieferanten will Jumbo nicht verärgern: Jumbo könnte sich zwar gegen allfällige Behinderungen durch Schweizer Markenvertretungen oder deren Mutterkonzerne vor Gericht zur Wehr setzen, scheut sich aber davor.
Grossverteiler kuschen vor Generalimporteuren
Das dürfte den Kern treffen: Noch immer diktieren Generalimporteure ausländischer Marken der Schweiz ihre Preise. Und die Grossverteiler versuchen sich aus Angst vor Lieferproblemen lieber mit ihnen zu arrangieren, als im Ausland einzukaufen oder den Rechtsweg zu beschreiten.
Die IG Detailhandel Schweiz , der auch die Grossverteiler angehören, vertröstet auf die Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips per 1. Juli. Es ermöglicht, dass in der EU hergestellte und dort zugelassene Produkte auch in der Schweiz verkauft werden dürfen. Die IG kündigt an, dass Parallelimporte und Cassis de Dijon zusammen bewirken, dass die Preise in den betroffenen Produktkategorien um 10 bis 15 Prozent sinken. Ob es sich dabei um mehr als eine Ankündigung handelt, muss sich erst zeigen.