Rapsöl boomt. Die Anbaufläche beträgt laut dem Schweizerischen Getreideproduzentenverband rund 24 000 Hektaren. Zum Vergleich: Im Jahre 1990 waren es erst knapp 17 000 Hektaren (siehe Grafik im PDF). Und die Fläche wird weiter zunehmen. Die «Bauernzeitung» schreibt: «Sind für die Ernte 2019 noch 91 000 Tonnen unter Vertrag, haben die Ölwerke für die Ernte 2020 einen Bedarf von 106 000 Tonnen Raps.» Kein Wunder, rufen die Ölwerke die Landwirte auf, in den Rapsanbau einzusteigen: «Dringend gesucht: Rapsproduzenten.»
Eine der Ursachen für den Boom in der Schweiz ist gemäss dem Getreideproduzentenverband die Firma Zweifel mit Sitz in Zürich. Der Chips-Hersteller stieg von Sonnenblumenöl auf Rapsöl um.
Zudem wird die Nachfrage nach Rapsöl von der jahrelangen Kritik an Palmöl angekurbelt. Palmöl findet sich in vielen verarbeiteten Lebensmitteln und Kosmetika. Die Ölpalme wächst nur in der Nähe des Äquators. Der grossflächige Anbau gefährdet die Regenwälder. Konsumenten achten deshalb beim Kauf vermehrt darauf, dass die Produkte kein Palmöl enthalten.
Bei der Migros sank gemäss eigenen Angaben der Verbrauch von Palmöl für die Lebensmittelverarbeitung von 6000 Tonnen im Jahre 2015 auf aktuell 5700 Tonnen. Bei Coop ging die Menge von 2500 auf 2200 Tonnen zurück.
Doch taugt einheimisches Rapsöl als Alternative zu Palmöl? Der Verein Schweizer Rapsöl behauptet auf Plakaten, dass Schweizer Rapsöl «gut fürs Gemüse» und «gut für die Schweiz» sei. Verbandsmitglieder sind verschiedene Produzentenorganisationen, Ölwerke sowie Detailhändler wie Volg oder Denner.
«Problematischer Einsatz von Insektiziden»
Rapsöl gilt wegen seines hohen Anteils an ungesättigten Fettsäuren und Vitamin E als besonders gesund («K-Tipp» 14/2015). Weniger vorteilhaft sind die Auswirkungen des konventionellen Rapsanbaus auf die Umwelt. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick AG sagt: «Von allen Ackerkulturen ist Raps diejenige Kultur mit dem intensivsten Pflanzenschutz. Besonders problematisch ist der Einsatz von Insektiziden gegen den Rapsglanzkäfer kurz vor der Blüte.» Darunter haben laut dem Institut die Bienen zu leiden.
Verschärfend komme dazu, dass «die Schadschwelle» deutlich tiefer liege als in Deutschland oder Frankreich. Gemeint ist der Zeitpunkt, ab dem die Bauern gegen Rapsschädlinge zur Giftspritze greifen dürfen: «Die konventionellen Bauern in der Schweiz spritzen jedes Jahr, obwohl dies nicht immer nötig wäre.»
Trotzdem behauptet der Verein Schweizer Rapsöl auf der Website Raps.ch: «Der Anbau von Raps erfolgt ökologisch und nachhaltig.» Garant dafür sei der ökologische Leistungsausweis, den die Bauern erbringen müssten. Darunter fallen Auflagen zum Bodenschutz oder zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Doch das Forschungsinstitut relativiert: Das bedeute bloss, dass die Betriebe Anspruch auf Direktzahlungen hätten. «Das hat nichts mit Bio zu tun. Der Anbau von konventionellem Raps in der Schweiz ist nicht ökologisch nachhaltig.»
Die Branchenorganisation Swiss Granum schreibt, die Bauern würden «bei der Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln aus ökologischen und ökonomischen Gründen darauf achten, nur so viele Behandlungen vorzunehmen wie nötig». Zudem seien anders als bei Palmöl die Transportwege von Raps kurz, die Rückverfolgbarkeit gewährleistet, die Pflanze sei gentechfrei und der Anbau sichere Arbeitsplätze in der Schweiz.
Der WWF Deutschland warnte bereits vor drei Jahren davor, von Palmöl auf Kokos-, Soja-, Sonnenblumen- oder Rapsöl umzusteigen. «Das hätte einen massiv höheren Flächenbedarf zur Folge, der Ausstoss von Treibhausgasen stiege an und die Gefährdung von Tier- und Pflanzenarten nähme zu.» Pro Hektar Anbaufläche gewinnen die Produzenten 5 Tonnen Palmöl. Beim Raps ist es nur 1 Tonne (siehe Grafik im PDF). Selbst die «Bauernzeitung» räumte kürzlich ein, dass der Palmölanbau mit relativ wenigen Pestizden auskomme und der Transport mit dem Schiff bei der Ökobilanz kaum ins Gewicht fallen würde.
«Sowohl Palmöl als Rapsöl sind schlecht», bilanziert das Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Am nachhaltigsten sei es deshalb, auf Fertigprodukte mit Pflanzenölen möglichst zu verzichten.