Stromsparlampen strahlen so stark wie ein Handy
Ein saldo-Test zeigt: Energiesparlampen strahlen gleich stark wie ein Handy. Dabei wäre es für die Industrie kein grosses Problem, die Emissionen zu reduzieren.
Inhalt
saldo 16/2004
13.10.2004
Marc Meschenmoser
Ob Fernseher, Elektroherd, Computer oder Mikrowellengeräte: Wohnungen sind durchdrungen von elektromagnetischen Feldern. Mit teils unangenehmen Folgen: Die Strahlung kann Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schlafstörungen zur Folge haben.
Doch wie sieht es bei den Lampen aus? saldo wollte wissen, welche Lichtmittel wie stark strahlen und liess neun Lampen im spezialisierten Labor Technik-Umwelt Neosys AG in Gerlafingen SO untersuchen. Die Palette reichte von der klassischen Industrie...
Ob Fernseher, Elektroherd, Computer oder Mikrowellengeräte: Wohnungen sind durchdrungen von elektromagnetischen Feldern. Mit teils unangenehmen Folgen: Die Strahlung kann Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schlafstörungen zur Folge haben.
Doch wie sieht es bei den Lampen aus? saldo wollte wissen, welche Lichtmittel wie stark strahlen und liess neun Lampen im spezialisierten Labor Technik-Umwelt Neosys AG in Gerlafingen SO untersuchen. Die Palette reichte von der klassischen Industrie-Neonröhre über Tischspots bis zur Bürostehlampe, und verwendet wurden die vier häufigsten Lichtquellen: Glühbirnen, Leuchtstoffröhren, Halogen- und Sparlampen.
Weil es in der Schweiz keine Strahlengrenzwerte für elektronische Geräte oder Lampen gibt, zogen die Experten für die Beurteilung die schwedische Bildschirmnorm (MPR 2) hinzu: Diese erlaubt in 50 Zentimeter Abstand ein elektrisches Hochfrequenzfeld von 2,5 Volt pro Meter. Das Neosys-Team mass die Strahlung der Lampen in 30 Zentimeter Abstand und rechnete die Resultate danach auf eine einheitliche Helligkeit (Lichtstrom) um.
Glühbirnen: Wenig Elektrosmog, aber kurze Lebensdauer
Das Erfreuliche: Unter diesen strengen Kriterien schnitten fünf Lampen mit der Note «sehr gut» ab. Testleiter Martin von Allmen: «Diese fünf Produkte strahlen nur sehr gering und sind bezüglich Elektrosmog völlig unbedenklich.» Zwei weitere erhielten die Note «gut».
Unter den Siegern befinden sich zwei Glühbirnen und zwei Leuchtstoffröhren. Besonders Glühbirnen geben sehr wenig Elektrosmog ab. Ihr Nachteil: Sie haben eine geringe Lebensdauer und sind Stromfresser. Leuchtstoffröhren wiederum eignen sich besonders bei längerer Brenndauer.
Auffallend ist, dass die drei Stromsparlampen im Test am meisten Elektrosmog produzierten. So strahlt der Tischspot Tolomeo 3,5-mal stärker, nachdem die Glühbirne durch eine Energiesparlampe von Philips ersetzt wurde. Dazu schreibt das Labor: «Die Lampe gibt deutlich mehr Elektrosmog ab, liegt aber noch im unbedenklichen Bereich.» Gleiches gilt für das Deckenpendel Ruscoli 5, das mit Sparlampen von Osram 2,5-mal mehr elektromagnetische Felder aufbaut als mit normalen Glühlampen.
Bedenklich hohe Werte (4,22) erreicht die Tischlampe Ecolin Table, ebenfalls mit einer Osram-Sparlampe. Physiker von Allmen: «Elektrosensible Menschen tun gut daran, diese Leselampe nicht über längere Zeit in Kopfnähe einzusetzen.»
Das Fazit des Testlabors: Stromsparlampen strahlen etwa gleich stark wie ein sendendes Mobiltelefon: rund 0,5 bis 3 Volt pro Meter in 30 Zentimeter Abstand. Von Allmen: «Eine Energiesparlampe kann durchaus mit einem aktiv sendenden Handy verglichen werden.» Der Spezialist erklärt sich das schlechtere Abschneiden der Stromsparer mit der eingebauten elektrischen Schaltung, die ständig Impulse an die Lampe sendet und so strahlt.
Metall statt Plastik würde die Strahlung reduzieren
Doch die Industrie könnte die Emissionen reduzieren. Stefan Gasser, Lampenspezialist der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz (Safe), kritisiert: «Der Preisdruck ist riesig, die Industrie setzt billigste Kunststoffkomponenten ein. Würden Plastikteile durch Metall ersetzt und abgeschirmt, wäre der Elektrosmog nicht grösser als bei einer Glühbirne.» Für Gasser steht fest: Eine bessere Bauart würde die Hersteller längerfristig nicht viel mehr Geld kosten.
Fraglich ist, ob die Produzenten dereinst entsprechende Massnahmen ergreifen, denn vom Gesetzgeber müssen sie keine strengeren Normen befürchten. Alexander Reichenbach vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft: «Die Schweiz kann keine Lampengrenzwerte im Alleingang erlassen, sonst verstösst sie gegen die Abkommen der Welthandelsorganisation.»
Harry Künzle, Leiter der Umweltfachstelle der Stadt St. Gallen, fordert die Kon-sumenten deshalb auf, Druck auszuüben: «Je mehr die Leute in den Läden nach niedrig strahlenden Stromsparlampen fragen, umso mehr müssen die Hersteller reagieren. Denn technisch wären solche Anpassungen problemlos machbar.»
Hersteller: Wenig Interesse an baulichen Massnahmen
Osram und Philips testen momentan zusammen mit dem Bundesamt für Energie Stromsparlampen auf Elektrosmog. Osram versucht laut Marketingleiter Albert Studerus, «die Strahlung so klein wie möglich zu halten». Philips hält mit Metall abgeschirmte, strahlenarme Produkte für zu gefährlich. Sprecher Ralf Hahn: «Bis heute sind wissenschaftlich keine gesundheitlichen Auswirkungen aus dem Einsatz von Energiesparlampen nachgewiesen.»
Diese Aussage zeigt: Elektrosmog steht auf der Prioritätenliste des Herstellers weit unten.
So wird die Strahlung reduziert
- Stromsparlampen gehören nicht als Dämmerlicht in den Schlafbereich.
- Stand-by-Betrieb vermeiden; unbenutzte Geräte immer ausschalten.
- Dreipolige, geerdete Stecker einsetzen: Sie leiten den Elektrosmog ins Stromnetz zurück.
- Auf Trafos und Dimmer verzichten, denn diese erhöhen die Strahlung.
- Abstand halten: Im Arbeitsbereich einen Meter, im Wohn- und Schlafbereich zwei Meter. Bei Stromsparlampen mindestens 30 Zentimeter Abstand vom Kopf.
- Metallene Lampenkörper verwenden: Der Elektrosmog wird dadurch ebenfalls besser abgeleitet.
Broschüre «Elektrosmog im Alltag - Elektromagnetische Felder erkennen und vermindern» gratis erhältlich bei der Umweltfachstelle der Stadt St. Gallen, Vadianstr. 6, 9001 St. Gallen. Oder unter www.umwelt.stadt.sg.ch.