«Wunderstoff» für Bio-Weine
Mit dem Zusatzstoff E 414 machen Winzer ihre Weine süffiger – auch Bio-Weine. Für Kritiker ist das Schummelei: Der natürliche Charakter des Weines werde so auf einen Massengeschmack getrimmt.
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K-Tipp 09/2013
08.05.2013
Darko Cetojevic
Dass der Wein nur vergorener Traubensaft und daher naturbelassen ist – das stimmt schon lange nicht mehr. Winzer dürfen legal viele Zusatzstoffe beifügen und so ihre Weine auf den gewünschten Geschmack trimmen. Zum Beispiel mit Gummi arabicum oder E 414 – einem weissen Pulver, das aus Akazienharz gewonnen wird.
«Bei der Herstellung bleibt vieles erlaubt»
Gummi arabicum gilt als gesundheitlich unbedenklich...
Dass der Wein nur vergorener Traubensaft und daher naturbelassen ist – das stimmt schon lange nicht mehr. Winzer dürfen legal viele Zusatzstoffe beifügen und so ihre Weine auf den gewünschten Geschmack trimmen. Zum Beispiel mit Gummi arabicum oder E 414 – einem weissen Pulver, das aus Akazienharz gewonnen wird.
«Bei der Herstellung bleibt vieles erlaubt»
Gummi arabicum gilt als gesundheitlich unbedenklich. Doch was hat dieser Stoff im Wein zu suchen? Winzerberater und Ökologe Daniel Wyss vom Biowein-Händler Delinat erklärt: «Winzer setzen Gummi arabicum ein, um die Farbe zu stabilisieren und den Wein runder zu machen. Der Stoff sorgt schon bei jungen Weinen für Fülle und Geschmeidigkeit im Mund. Zudem schmeckt ein hochprozentiger Wein mit Gummi arabicum nicht mehr penetrant nach Alkohol.»
Pikant: Dieser «Wunderstoff» ist auch bei Bio-Weinen erlaubt. So steht es in der neuen EU-Verordnung für die Verarbeitung von Bioweintrauben, die Anfang Jahr auch von der Schweiz übernommen worden ist.
Wyss kritisiert: Die neue Verordnung garantiere zwar, dass im Weinberg keine Pflanzengifte und Kunstdünger verwendet werden dürfen. «Doch bei der Weinherstellung bleiben zu viele Zusatz- und Hilfsstoffe erlaubt.» Wo und wie viel Gummi arabicum eingesetzt wird, erfahren die Weinliebhaber deshalb nicht.
Weine, die nach den neuen Vorgaben der Europäischen Union hergestellt werden, dürfen ab der letztjährigen Ernte auch in der Schweiz als «Bio-Wein» gekennzeichnet werden.
Delinat-Weine ohne Gummi arabicum
Doch nicht alle Weinanbieter machen mit. Beispiel Delinat: Laut den hauseigenen Drei-Stufen-Richtlinien ist Gummi arabicum in der höchsten und strengsten Stufe (mit drei Schnecken ausgezeichnet) verboten. In den Stufen mit einer und zwei Schnecken ist die Anwendung deklarationspflichtig und wird auf der Delinat-Internetseite (unter dem Schneckensymbol) ausgewiesen. Aber schon bei günstigen Flaschen wie dem italienischen Rotwein Bonarossa für Fr. 10.90 ist kein Gummi arabicum zu finden.
Auch Bio Suisse, der Dachverband der schweizerischen Bio-Produzenten, schreibt dem K-Tipp, dass bei Weinen mit der Knospe Gummi arabicum nicht verwendet werden dürfe.
Bio-Weine: Von Kupfersulfat bis zu Gelatine
Die neuen Richtlinien der EU für Bio-Weine erlauben viele unkdeklarierte Zusätze.
Die Richtlinien gelten auch in der Schweiz.
- Diammoniumorthophosphat wird als Hefenährstoff bei der alkoholischen Gärung verwendet. Es enthält Stickstoff und Phosphor.
- Enzyme sollen während des Pressens die Saftausbeute erhöhen und die Aromen verstärken sowie den Most schneller klären. Diese Enzyme können aus Pilz- oder Bakterienkulturen gewonnen werden.
- Kupfersulfat dient als Weinbehandlungsmittel. Damit können Mängel beim Geschmack oder Geruch des Weines beseitigt werden.
- Wenn der Wein nach nasser Wäsche oder Mottenkugeln riecht, greifen Winzer zur Ascorbinsäure. Dabei handelt es sich um künstlich hergestelltes Vitamin C, das als Zusatzstoff für viele Lebensmittel zugelassen und dort als E 300 deklariert wird.
- Aus Knochen, Knorpeln und Häuten von geschlachteten Tieren gewonnene Gelatine darf zur Klärung und Schönung von Wein verwendet werden.