Wenn Zähne krank machen
Tote Zähne, entzündetes Zahnfleisch, Amalgam und Weisheitszähne können verantwortlich sein für viele chronische Krankheiten.
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Gesundheitstipp 4/2005
13.04.2005
Gabriela Braun - gbraun@gesundheitstipp.ch
Höllische Schmerzen in Arm und Schulter hatten Esther Müller während Monaten das Leben schwer gemacht. Nur mit Mühe konnte sie ihren rechten Arm heben - das Ankleiden am Morgen wurde zur Qual. Warum sie seit dem Sommer an diesen Schmerzen litt, konnte sich niemand erklären. Ein Check-up beim Arzt brachte nichts. Durch Zufall gelangte Esther Müller im Februar dieses Jahres zum Zahnmediziner Werner Maurer in St. Gallen. Dieser ist Zahnarzt mit der Zusatzausbildung der Gesellschaft für Ganzh...
Höllische Schmerzen in Arm und Schulter hatten Esther Müller während Monaten das Leben schwer gemacht. Nur mit Mühe konnte sie ihren rechten Arm heben - das Ankleiden am Morgen wurde zur Qual. Warum sie seit dem Sommer an diesen Schmerzen litt, konnte sich niemand erklären. Ein Check-up beim Arzt brachte nichts. Durch Zufall gelangte Esther Müller im Februar dieses Jahres zum Zahnmediziner Werner Maurer in St. Gallen. Dieser ist Zahnarzt mit der Zusatzausbildung der Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin SGZM. Nach einem eingehenden Untersuch stellte Maurer fest: Einige Zähne im linken Oberkiefer, die einst an den Wurzeln behandelt wurden, waren vereitert. Das führte im Organismus zu Störungen. Maurers Rat: Alle toten Zähne im Mund ziehen. Zehn waren es insgesamt - und sie alle liess sich die Patientin innerhalb von zwei Stunden ziehen. «Es war nur konsequent», sagt Esther Müller. «Die Zähne hatten mir doch nur Schmerzen bereitet.»
Seither geht es ihr bestens. «Bereits einen Tag nach der Behandlung waren die Schmerzen in Arm und Schulter wie weggeblasen», schwärmt sie.
Was für einen Laien abstrus klingen mag, ist für einen ganzheitlichen Mediziner normal. Ihm ist klar: Kranke oder abgestorbene Zähne können im Körper Schäden anrichten. Von Rückenschmerzen, Allergien, Blasenleiden, Rheumaschmerzen, Migräne und Herz-Kreislauf-Störungen bis hin zu Augen- und Ohrenproblemen reicht die Palette der Beschwerden, die in Zusammenhang mit kranken Zähnen stehen können.
Plomben und Legierungen können krank machen
Richard Schneider, seit über 20 Jahren als ganzheitlicher Zahnarzt in Zürich tätig, erklärt: «Jeder Zahn ist über Nerven und Blutgefässe mit unserem Organismus verbunden. Für Bakteriengifte aus einer entzündeten Wurzel etwa sind dies bequeme Wege in alle Teile unseres Körpers.» Die Folge in vielen Fällen: Entzündungen von Nebenhöhlen oder Herzklappen, Krankheiten der Augen, Nieren oder rheumatische Beschwerden.
Nebst Bakteriengiften können auch Zahnfüllungen und Legierungen gesundheitliche Probleme auslösen. «Amalgamplomben, Kronen, Brücken und Implantate können chronische Krankheiten hervorrufen», sagt Zahnarzt Werner Maurer.
Ganzheitliche Zahnmediziner reden von Störfeldern oder von Herden, wenn Zähne an entfernten Stellen im Organismus Beschwerden auslösen. Macht ein Zahn solche Probleme, heisst das aber nicht, dass er auch Schmerzen verursacht. «Viele chronische Beschwerden werden durch Zahnherde ausgelöst oder durch diese an der Selbstheilung gehindert», sagt Richard Schneider.
Um herauszufinden, ob ein Zusammenhang zwischen einem störenden Zahn und einem erkrankten Gebiet besteht, setzt ein ganzheitlicher Zahnarzt verschiedene Methoden aus der Komplementärmedizin ein. Diese gelten in der klassischen Medizin allerdings teils als umstritten.
Besteht eine direkte Beziehung zwischen einem beherdeten Zahn und beispielsweise einem Schulterschmerz, genügt es oft, dass der Zahnarzt nur diesen einen Zahn behandelt - und die Schmerzen dadurch dauerhaft beseitigt. Kann eine solche Verbindung zwischen Schmerz und Zahn jedoch nicht gemacht werden, muss der Fachmann häufig eine totale Zahnsanierung vornehmen, um alle Herde zu entfernen. Der Zahnarzt setzt dann auch Naturheilmittel ein oder Akupunktur.
Marcel Brander von der Aeskulap-Klinik, einem Zentrum für ärztliche Ganzheitsmedizin, in Brunnen SZ, ist überzeugt: «Die konventionelle Medizin beachtet die Zähne noch viel zu wenig.» In seiner Klinik behandeln die Ärzte keinen Patienten mit chronischen Schmerzen, ohne zuvor eine Zahnabklärung gemacht zu haben. Jeder Patient reagiere anders auf entsprechende Zahnherde. «Eingehende Gespräche und Tests sind deshalb wichtig», so Brander.
Eine Abklärung dauert ein bis zwei Stunden
Die ganzheitlich tätigen Zahnmediziner arbeiten oft ausserhalb des schulmedizinischen Bereichs, den die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft SSO vertritt. Trotzdem: Die SSO kennt gegenüber den Kollegen der Schweizerischen Gesellschaft für ganzheitliche Zahnmedizin (SGZM) keine Berührungsängste. «Sie ergänzen unsere Arbeit», sagt Peter Jäger, Sprecher der SSO. «Wir haben nichts dagegen einzuwenden.» Die ganzheitlich arbeitenden Zahnärzte müssten jedoch ihr Tun selbst verantworten.
Möchten Patienten wissen, ob die Zähne mit anderen Beschwerden zusammenhängen, sollten sie diese Möglichkeit bei einem ganzheitlich arbeitenden Zahnarzt abklären lassen. Eine Abklärung dauert zwischen ein und zwei Stunden und kostet zwischen 400 und 800 Franken. Zusatzversicherungen einiger Krankenkassen übernehmen einen Teil der Kosten. Entscheidet man sich für eine grössere Behandlung, sollte man zuerst auf jeden Fall einen detaillierten Kostenvoranschlag verlangen - eine solche Sanierung kann schnell ins Geld gehen.
Für Esther Müller werden die Zahnarztkosten für ihre neuen Zähne dieses Jahr mehrere Tausend Franken betragen. Sie werde deshalb nicht in die Ferien reisen können, sagt sie. «Dafür habe ich wieder mehr Lebensqualität bekommen.»
Anzeichen für einen Zahnherd
- Chronische Krankheiten, für die sich keine Ursachen finden lassen
- Abgeschlagenheit und Anfälligkeit auf Infekte
- Zähne, die eine Wurzelfüllung tragen, sind tote Zähne. Auf solche Störherde sollten Sie besonders achten
- Gleichzeitige Schmerzen von Zähnen und Organen nach dem Diagnoseschema (siehe Abbildung)
Eine Liste mit Adressen ganzheitlich tätiger Zahnärzte gibts unter www.sgzm.ch, der Website der Schweizerischen Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin.
«Einen Tag nach der Behandlung waren die Schmerzen wie weggeblasen»
Patientin Esther Müller