Den SBB lief es gut im vergangenen Jahr: Sie er­zielten einen Gewinn von 568 Millionen Franken. Das freute die neun Mitglieder der Konzernleitung: Sie kassierten zusätzlich zum Grundlohn insgesamt über 1,4 Millionen Franken als «leistungs- und ­erfolgsorientierte Lohn­bestandteile».

Allein bei SBB-Chef Andreas Meyer machte das 265 000 Franken aus – das ist gut ein Viertel seines Gesamtlohns von rund 987 000 Franken. Das heisst: Läuft es den SBB gut, macht sich das auf Meyers Bankkonto deutlich bemerkbar.

116,5 Millionen für die Pensionskasse

Bei den normalen Mit­arbeitern ist dies anders. Personalchef Markus Jordi – der ebenfalls zur Konzernleitung gehört – sagte dazu in einer internen Mitteilung: «Beim Personal war uns wichtig, kein Stroh­feuer zu veranstalten und nicht einfach Geld zu verteilen.» Vielmehr habe man vier Massnahmen definiert, von denen das Personal «nachhaltig» profitiere:

  • 10 Millionen Franken fliessen in einen Digitali­sierungsfonds für die Weiterbildung.
  • 5,5 Millionen Franken gehen in eine Stiftung, mit der frühzeitige Pensio­nierungen in besonders belasteten Berufsgruppen und mit tiefem Lohnniveau ­finanziert werden.
  • 5 Millionen Franken erhält der nationale Asbestfonds.
  • 116,5 Millionen Franken geben die SBB als Garantie für die Pensionskasse.

Für Manuel Avallone, ­Vizepräsident der Gewerkschaft des Verkehrspersonals, sind diese ­Massnahmen «blanker Hohn». Denn: Die Zahlungen in den Digitalisierungsfonds und in die Stiftung für Frühpensionierungen habe die SBB-Leitung bereits früher zugesagt – lange bevor klar war, ob und wie viel Gewinn die SBB 2018 machen würden.Die 116,5-Millionen-Garantie für die Pensionsk­asse als Gewinnbeteiligung zu verkaufen, sei ebenfalls ­abstrus. Avallone: «Dieses Geld müssen die SBB nur im hypothetischen Fall ­zahlen, dass die Pensionskasse in den nächsten fünf Jahren in eine Unter­deckung gerät und saniert werden muss.» 

«Kein Gewinnanteil – das geht nicht»

Für Avallone ist deshalb klar: «Diese Zahlungen als Gewinnbeteiligung zu ­bezeichnen, ist Augen­wischerei. Die Mitarbeiter, die immer wieder Spar­programme mittragen müssen, gehen leer aus.» Er kritisiert die Konzern­leitung: «Boni kassieren und zugleich der grossen Mehrheit der Mitarbeiter einen Gewinnanteil vorenthalten – das geht nicht!»

Die SBB schreiben auf Anfrage des K-Tipp: «Im Personalbereich ging es um nachhaltige Massnahmen, die nicht innert kürzester Zeit verpuffen.» Zu den konkreten Vorwürfen nahmen sie nicht Stellung.

WC-Zulage: SBB krebsen zurück

Für harte und unange­nehme Reinigungsarbeiten – wie etwa WCs putzen oder Graffitis entfernen – erhielten die Mitarbeiter bisher eine Zulage von Fr. 1.45 pro Stunde. Die SBB wollten diese Zulage streichen (K-Tipp 8/2019). Die Bundesbahnen sind inzwischen zurückgekrebst: In einer Mitteilung von ­Anfang Mai schrieben sie: «Für die am meisten be­lastenden Arbeiten wird es weiterhin Zulagen geben. Kein Mitarbeiter soll we­niger Lohn erhalten.»