Schwermetalle - Umstrittener Werkstoff Kupfer
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saldo 20/2000
06.12.2000
Der Werkstoff Kupfer ist im Alltag fast überall im Spiel. Harmlos ist das rötliche Metall allerdings nicht. Dies zeigen Untersuchungen an Metalldächern.
Auf ihr Kongresszentrum sind die Luzerner stolz. Das Kupferdach führte allerdings zu heftigen Kontroversen. Plötzlich stand das Schwermetall Kupfer wieder im Licht der Kritik: Gesundheit und Ökosysteme würden gefährdet.
Kupfer kommt im Baubereich massenhaft zum Einsatz: Von den jährlich 30 000 Tonnen Kupfer...
Der Werkstoff Kupfer ist im Alltag fast überall im Spiel. Harmlos ist das rötliche Metall allerdings nicht. Dies zeigen Untersuchungen an Metalldächern.
Auf ihr Kongresszentrum sind die Luzerner stolz. Das Kupferdach führte allerdings zu heftigen Kontroversen. Plötzlich stand das Schwermetall Kupfer wieder im Licht der Kritik: Gesundheit und Ökosysteme würden gefährdet.
Kupfer kommt im Baubereich massenhaft zum Einsatz: Von den jährlich 30 000 Tonnen Kupfer werden etwa 12 000 Tonnen als Kupferbleche an Gebäudehüllen verbaut. Jedes Einfamilienhaus weist zwischen 10 und 20 Quadratmeter Kupferblech auf - an Fassaden, Lukarnen oder Regenrinnen. Mindestens ebenso viel Kupfer findet sich in der Haustechnik.
"Die Giftigkeit von Kupfer wird ausser Acht gelassen"
Bauherren schätzen Kupfer als Werkstoff, weil er kostengünstig und langlebig ist, und die Spengler, weil er gut zu verarbeiten und zu reparieren ist. "Die Giftigkeit von Kupfer wird ausser Acht gelassen", warnt Felix Meier vom WWF. Durch die Schadstoffe in der Luft und die Witterung korrodiert das Material und wird in die Umwelt gespült. In Gewässern beeinträchtigt Kupfer etwa den Aufwuchs von Algengemeinschaften. Und bei Forellen kann es zu Leber- oder Kiemenschäden führen.
Beim Erwerb seiner Liegenschaft hat Markus Boller auch ein Ziegeldach mit Kupferrinnen übernommen. Statt das Regenwasser via Kanalisation abzuführen, liess er es auf dem Grundstück in der Wiese versickern. So empfiehlt es das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landwirtschaft (Buwal). Und im Gewässerschutzgesetz von 1991 wird es bei Neubauten sogar vorgeschrieben. Wertvolles Regenwasser soll damit direkt dem Grundwasser zugeführt werden. Doch an seinem Arbeitsort an der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (EAWAG) hat der Ingenieur in Untersuchungen festgestellt, dass sich bei Regen abgeschwemmtes Kupfer rasch anreichert. Bereits nach zehn Jahren sind die Grenzwerte der Bodenschutzverordnung überschritten.
Die Entsorgung des Regenwassers von Metalldächern über Kanalisation und Kläranlage ist allerdings kaum besser. Im Klärschlamm schätzt man den Anteil Kupfer von Gebäudeaussenhüllen auf gut 40 Prozent. Weitere 30 Prozent Kupfer stammen gemäss EAWAG aus den Haushalten (Boiler, Armaturen, Waschmittel, Wasserleitungen).
Schwermetalle gelangen als Dünger auf die Äcker
Schliesslich gelangt Kupfer auch aus Gummiabrieb von Pneus und Bremsbelägen, aus der Industrie und SBB-Fahrleitungen in die Kläranlagen. Fatal: Bauern bringen heute rund 40 Prozent des Klärschlamms als Dünger auf die Äcker aus. "Die Anreicherung der Böden mit Schwermetallen wie Kupfer, Zink, Cadmium und Blei kann in 100 Jahren die Bodenfruchtbarkeit gefährden", warnt Boller.
"Die Verlagerung des Problems von der Kanalisation in den eigenen Garten ist sehr problematisch", resümiert der Umweltchemiker Reto Coutalides. Er hat die Studie "Ökoprofil von Metalldächern" veröffentlicht. Unter den vier Materialien Kupfer-, Kupfertitanzink-, verzinntes Chromstahl- und Chromnickelstahl-Blech weist nur das letztere ein vorteilhaftes Ökoprofil aus. Gemäss der Studie wird Kupfer am stärksten in die Umwelt abgeschwemmt.
Doch wie schädlich ist nun Gemüse, das mit Regenwasser vom Kupferdach oder mit der Spritzkanne aus Zink begossen wird? "Das hängt ganz vom pH-Wert des Bodens ab", sagt Bioterra-Fachmann Hans Grob. "Je saurer der Boden, umso mehr nimmt das Gemüse Metalle auf."
Zu viel Kupfer ist schädlich für den Menschen
Unser Körper braucht täglich Kupfer als Spurenelement. Es stärkt das Immunsystem und erfüllt Stoffwechselfunktionen. Kupfer ist auch notwendig für die Aufnahme von Eisen und Vitamin C, und es regt die Bildung von roten Blutkörperchen an. Mit normaler Mischkost nimmt der Mensch die empfohlenen 1,5 bis 3,0 Milligramm Tageszufuhr spielend auf. Gut für die Kupferbilanz sind Fisch, Pilze, Brot, Schokolade oder Hülsenfrüchte. Zu viel Kupfer ist jedoch schädlich für den Organismus. Typische Vergiftungssymptome sind Anämie, Appetitlosigkeit, Gewichtsverluste sowie Magen-Darm-Beschwerden.
Auch Tiere und Pflanzen brauchen Kupfer. Schafe reagieren auf Kupferüberschuss jedoch sehr empfindlich; Schweine, Kaninchen oder Hühner sind hingegen sehr tolerant. Getreidearten wie Gerste oder Weizen reagieren bei Kupfermangel durch Weissfärbung der jüngeren Blätter. Ein Zuviel führt zu Wachstumshemmungen.
Sehr empfindlich sind Bodenorganismen, die für den Abbau organischer Substanz und die Stickstofffixierung verantwortlich sind.
Stefan Hartmann