Kopfschmerzen, Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall: Als Ivan K. aus Bottmingen BL (Name geändert) Bio-Hirsebällchen Alnatura aus der Migros gegessen hatte, wurde ihm schlecht. Er ging zum Arzt. Der schrieb ihn krank.

Eine Woche später erhielt Ivan K. ein E-Mail von der Migros. Er hat eine Cumulus-Karte, so war klar, dass er die Hirsebällchen gekauft hatte. Darin seien Spuren von Tropan-Alkaloid nachgewiesen worden, schrieb die Migros. «Um ein gesundheitliches Risiko auszuschliessen», solle er das Produkt nicht essen. 

Giftstoff aus ­Pflanzen am Ackerrand

Tropan-Alkaloid ist ein natürliches Gift. Es kommt in Pflanzen wie Tollkirsche oder Stechapfel vor. Diese Pflanzen wachsen oft neben Hirse, Buchweizen oder Mais. Ihre Samen verunreinigen dann die Ernte. Das Tropan-­Alkaloid gelangt so in die Nahrungsmittelkette. Bereits niedrige Dosierungen beeinflussen die Herz­frequenz und das zentrale Nervensystem. Die Symptome sind Benommenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit. Für Schwangere, Stillende und ältere Menschen können bereits geringe Dosen heikel sein. In der Schweiz sind in kurzer Zeit 10 Getreideprodukte aufgrund zu hoher Tropan-Alkaloid-Werte zurückgerufen worden (siehe unten). 

Deutsche Behörden hatten das Pflanzengift bei ­einer Getreideinspektion entdeckt. Seither sind gemäss dem Schweizer Bundesamt für Lebensmittel­si­cherheit Getreideprodukte vermehrt auf diesen Giftstoff überprüft worden.

«Branche hat Problem noch nicht gelöst»

Auch Alnatura kontrolliert die Ware. Sprecherin Stefanie Neumann: «Sowohl die Rohstoffe als auch das fertige Produkt werden engmaschig auf ­Tropan-Alkaloide untersucht.» Laut Migros-Sprecherin Monika Weibel werden «sowohl im Anbau als auch im Bereich der Verarbeitung Optimierungsmöglichkeiten geprüft».

Natalie Rochat vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit bleibt skeptisch: «Die Branche hat das Problem noch nicht gelöst.»

Rückrufe

Im Dezember 2014 rief die Schweizer Holle Baby Food GmbH drei verschiedene Bio-Babybrei-Produkte mit Hirse zurück. Im gleichen Monat nahm die Migros alle ­Packungen mit Bio-­Hirse-Getreidebrei ­ihrer deutschen Lieferantin Alnatura aus dem Regal. 

Im Februar 2015 erliess das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit einen Rückruf für «Braunhirse Wildform» der Urkornhof Kammerleithner GmbH aus Österreich sowie für Bio-Polenta-Maisgriess von Rapunzel aus Deutschland. Im März folgte ein Rückruf von gemahlener Urkornhof-Braunhirse.

Ende März schliesslich war die Reihe wieder an der Migros. Betroffen vom Rückruf waren Hirsebällchen Natur, Erdnuss und Ungarisch von Alnatura.