Das Angebot klingt verlockend: Mami verliert nach der Geburt ihre Baby-Pfunde, spart das Geld für den Hort und tut dabei erst noch etwas Gutes für ihr Kind. Immer mehr Firmen bieten Fitnesskurse für junge Mütter an. Sie sollen ihre Babys mit in die Stunde bringen und ins Training einbinden.
Fitnessberater Fritz Bebie aus Erlenbach ZH hat für den Gesundheitstipp verschiedene Fitnesskurse verglichen. Sein Urteil ist ernüchternd: «Die meisten dieser Trainings sind ein Murks.» Zwar könnten solche Kurse eine gute Plattform sein, um andere Mütter kennenzulernen und sich auszutauschen. «Fürs eigene Körpertraining ist das Baby aber eher hinderlich», sagt Bebie.
Bei Kraftübungen drohen Verspannungen
Beim Kangatraining oder bei «Fit dank Baby» zum Beispiel hängt das Kind in einer Tragehilfe mehrheitlich am Oberkörper der Mutter. Sie macht dabei Übungen, wie man sie aus Tanzaerobic-Stunden kennt (siehe Tabelle im PDF).
Bebie sagt: «Das Kind in der Tragehilfe stört den Bewegungsablauf.» Das zusätzliche Gewicht verschiebe den Körperschwerpunkt. «Die Mutter muss sich bei den Kraftübungen sehr unter Kontrolle haben», so Bebie. Sonst spüre man es schnell einmal im Rücken. Verspannungen, Kopf- und Rückenschmerzen oder sogar ein Hexenschuss könnten die Folge sein.
Babys werden «im Takt durchgeschüttelt»
Ein ähnliches Problem sieht der Fitnessberater beim «Burzzi- Dance». Auch hier ist das Baby im Tragetuch, während die Mutter tanzt. Durch das Baby sei die Mutter wiederum in der Bewegung eingeschränkt.
Bebie sieht auch einen Nachteil für das Kind: «Der Rhythmus ist durch die Musik vorgegeben. Alle Babys müssen im Einheitstakt mitwippen und werden durchgeschüttelt.» Dies sei unnatürlich, denn das eine Baby «mags schneller, ein anderes langsamer». Zudem werde beim Tanztraining nur wenig für den Muskelaufbau gemacht.
Den höchsten Fitnessfaktor schreibt der Experte dem Nordic Walking mit Kind und «Lauf, Mama, lauf» zu. Beide Trainings finden draussen statt. Beim Lauf-Kurs liegt das Kind mehrheitlich im Kinderwagen. Die Mutter steht daneben und trainiert mit Bällen oder Gummibändern. Auch örtliche Gegebenheiten wie Treppen oder Sitzbänke fliessen ins Training ein.
Beim Nordic Walking mit Kind hängt das Baby meist am Rücken der Mutter. Bebie: «Für die Körperhaltung ist das in jedem Fall besser als am Bauch.»
Beide Kursveranstalter werben damit, dass die Mütter im Training überflüssige Baby-Pfunde verlieren. Bebie hält das für übertrieben: «Mit solchen Übungen allein nimmt man nicht ab.» Wer sein Gewicht reduzieren wolle, müsse auch auf seine Ernährung achten.
Am Schluss der Bewertungs-Rangliste ist das Mutter- Kind-Yoga. Dabei kann die Mutter ihr Baby in einzelne Übungen miteinbeziehen – oft liegt es aber einfach nur neben ihr auf der Yogamatte. Anbieter versprechen, in den Kursen die «Mutter-Kind-Bindung» aufzubauen. «Das ist überhaupt nicht belegt», sagt der Fitnessberater. Zudem biete sich im Alltag genügend Raum dazu.
Yoga habe viel mit Konzentration und Entspannung zu tun. Fritz Bebie bezweifelt, dass das im Mutter-Kind-Yoga funktioniert: «Yoga muss heutzutage für alles herhalten.» Tatsächlich gibt es bereits Angebote für Schwangere, Paare, Senioren und jetzt eben auch für Mütter und Kind. Bebie: «Das sind doch alles nur Verkaufsargumente.»
Yoga: Kinder stören die Konzentration
Wie es anders geht, zeigt Karin Gruber-Rudolf. Die diplomierte Pflegefachfrau und Bewegungspädagogin aus Winterthur ZH bietet ebenfalls Kurse für junge Mütter an.
Während Gruber-Rudolf mit den Frauen trainiert, kümmert sich allerdings im Nebenzimmer eine Kinderbetreuerin um die Kleinen: «Mir ist es wichtig, dass die Frau sich eine Stunde Zeit nimmt – nur für sich.» Für Mütter sei es oft schwierig, sich auf ihren Körper zu konzentrieren, wenn ein Baby mit im Raum sei. «Das Kleine muss nur blinzeln und schon sind sie in Gedanken bei ihm.» Das sei zwar ganz natürlich, sagt die Bewegungspädagogin. «Fürs Training ist es jedoch nicht unbedingt förderlich.»
Zudem kümmere sich die Mutter um ihr Baby und trage es ja ohnehin mehr oder weniger den ganzen Tag auf sich. «Da muss sie es beim Training nicht auch noch tragen», ist Karin Gruber-Rudolf überzeugt.
Tipps: Mit Rückbildungsgymnastik starten
- Starten Sie mit Rückbildung- und Beckenbodengymnastik.
- Informieren Sie sich frühzeitig über Angebote.
- Gehen Sie es langsam an.
- Überlegen Sie sich, was Ihnen wichtig ist.
- Holen Sie sich Rat bei Ihrer Hebamme oder Ihrem Arzt.
- Gehen Sie ins Probetraining, bevor Sie einen Kurs buchen.