Einem Berner IV-Rentner wuchsen die Schulden über den Kopf. Auch die Kreditkartenrechnungen der Cornèr Bank konnte er nicht mehr zahlen. Deshalb verlangte die Bank Zinsen. Am Ende betrieb ihn die Bank auf über 3500 Franken. Der Mann stoppte die Betreibung mit einem Rechtsvorschlag. Das heisst: Er bestritt die Forderung.
Die Cornèr Bank wollte den Rechtsvorschlag aufheben lassen und gelangte deshalb ans Regionalgericht Bern-Mittelland. Dort hatte der IV-Rentner Schützenhilfe durch die Berner Schuldenberatung. Co-Geschäftsleiter und Rechtsanwalt Mario Roncoroni machte geltend, der Kreditkartenvertrag sei ungültig. Die Bank habe beim Abschluss die Formvorschriften des Konsumkreditgesetzes nicht beachtet (Unten).
Der IV-Rentner hatte einen Kartenantrag ausgefüllt und daraufhin ein von der Cornèr Bank unterschriebenes Willkommensschreiben samt Kreditkarte und Kreditlimite erhalten. Damit erfüllte die Bank laut dem Regionalgericht ihre gesetzlichen Pflichten nicht: Der Kunde habe diese Ausgabenlimite nie schriftlich akzeptiert. Das Gericht wies das Rechtsbegehren der Cornèr Bank deshalb ab. Der Vertrag sei ungültig. Die Bank habe deshalb keinen Anspruch auf Zusatzgebühren und Zinsen.
Der K-Tipp hat das Urteil Hans Giger vorgelegt. Der ehemalige Zivilrechtsprofessor hält es für «überzeugend». Ein Kreditkartenvertrag könne zwar aus mehreren Urkunden bestehen, doch jedes Schriftstück müsse unterschrieben sein. Das gelte auch für die Mitteilung der individuellen Kreditlimite – sie gehöre zwingend in den Vertrag.
Die Cornèr Bank hat den Entscheid nicht angefochten, hält ihn aber für falsch. Die Bank bleibt laut Sprecherin Daniela Gampp dabei, dass die Erwähnung der grösstmöglichen Limite in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen genüge. Sie beträgt für «Classic»-Karten 10 000, für «Gold»-Karten 90 000 Franken.
14 Tage Zeit, Vertrag zu widerrufen
Giger widerspricht. Roncoroni ebenfalls, die individuelle Limite gehöre in den Vertrag: «Der Konsument kann sich dann 14 Tage lang überlegen, ob er den Vertrag widerrufen will.»
Wie gehen andere Kreditkartenfirmen vor? Manche nehmen es mit den Formvorschriften nicht sehr genau: Bei Postfinance und Bonuscard erfahren Kunden die Limite erst mit der Zustellung der Kreditkarte und unterschreiben nichts. Postfinance prüft laut Sprecher Johannes Möri nun, die bisherige Praxis anzupassen. Bonuscard antwortete dem K-Tipp nicht.
Maximale Limite im Antrag teils erwähnt
Bei weiteren Kreditkartenherausgebern ist die maximal mögliche Kreditlimite auf dem Antrag erwähnt – so bei der Cembra Money Bank, Swisscard oder UBS. Bei Swisscard wird die tatsächliche Kreditlimite dem Kunden nach Prüfung des Antrags mitgeteilt. Sie hält ihre Praxis für zulässig.
Cembra, UBS und Viseca geben an, die Kreditvereinbarung gegenzuzeichnen und den Kunden eine Kopie zu schicken. Das müssen sie im Streitfall belegen können. Nur bei Viseca kann der Kunde auf dem Antrag eine Kreditlimite wünschen.
Strenge Vorschriften für Kreditkartenverträge mit Ratenzahlung
Verträge für Kreditkarten mit Ratenzahlungsmöglichkeit müssen laut Konsumkreditgesetz (KKG) schriftlich abgeschlossen werden. Schriftlich heisst laut dem Schweizer Obligationenrecht: Der Vertrag muss von Kreditkartenfirma und Kunde unterschrieben sein.
Ausserdem muss laut KKG die «Höchstgrenze des Kreditbetrags» im Kreditkartenvertrag stehen. Und der Kunde muss eine Kopie der Vertragsdokumente erhalten. Hält der Kreditgeber die Vorschriften nicht ein, ist der Vertrag ungültig. Der Kunde muss den Kredit zwar trotzdem zurückzahlen, er schuldet aber weder Zinsen noch Kosten. Die Zinsen sind hoch: Sie betragen 9,5 bis 12 Prozent.