Hippies wussten, wie es geht: Sie setzten einen Strohhut auf den Kopf, zogen mit einer Häkelnadel ein paar Haarsträhnchen durch die Löcher im Hut und befeuchteten die Strähnchen mit Zitronensaft. Zusammen mit dem Sonnenlicht bleichten die Strähnchen aus – ganz ohne Chemie.
Hautarzt Günther Hofbauer vom Universitätsspital Zürich sagt: «Zitronensaft reagiert mit dem Farbstoff der Haare und entzieht ihnen die Farbpigmente.» Die Appenzeller Coiffeuse Edith Ulmann arbeitet mit Naturfarben und rät: Am besten mischt man den Zitronensaft mit etwas Olivenöl. Dann trägt man die Mischung auf und setzt sich an die Herbstsonne. Nach ein bis zwei Stunden wäscht man die Haare mit Wasser aus. Edith Ulmann: «Diese Methode ist viel schonender, als die Haare mit Wasserstoffperoxid zu bleichen oder sie synthetisch zu färben.»
Wer die Haare chemisch bleicht, strapaziert sie stark. Die künstlich hergestellten Produkte bestehen nicht nur aus Wasserstoffperoxid, sondern auch aus Ammoniak. Ammoniak öffnet die Haarstruktur und Wasserstoffperoxid zerstört die natürlichen Farbstoffe im Innern des Haars.
Blondes Haar reagiert stärker als braunes
Naturcoiffeuse Ulmann kennt nebst Zitronensaft ein weiteres Hausmittel, um die Haare aufzuhellen. Sie empfiehlt ihren Kundinnen starken Kamillentee. Den füllt man in eine Sprühflasche ab und sprayt ihn ins Haar, bevor man bei schönem Wetter spazieren geht. Kamille pflegt das Haar und lässt es glänzen.
Zum Aufhellen eignen sich nebst Kamille auch Honig, Zimt und Rhabarberwurzel. Man knetet die Zutaten ins Haar ein, wickelt eine Haushaltfolie drumherum und lässt das Gemisch ein paar Stunden einziehen. Einfacher ist eine reine Kamillespülung (siehe Rezept rechts). Die natürlichen Aufhellmittel wirken bei jedem Haar anders. Edith Ulmann: «Bei blondem Haar ist der Effekt viel stärker als bei braunem.» Auch die natürlichen Aufhellungsmittel verändern die Farbpigmente im Haar. Allerdings wirken sie viel sanfter als Wasserstoffperoxid und schädigen die Haarstruktur weniger. Der Effekt des natürlichen Färbens hält mehrere Monate lang an.
Haare lassen sich mit Hausmitteln aber nicht nur aufhellen. Man kann ihnen auch einen neuen Farbton geben:
Ein Sud aus Walnussschalen oder ganz einfach Kaffee geben braunem Haar einen glänzenden Braunton.
Rote Haare erhalten mit einer Maske aus Randen und Honig eine noch sattere Farbe. Auch Preiselbeersaft soll den Haaren einen leichten Rotstich verleihen (siehe Tabelle im PDF).
Im Gegensatz zu den chemischen Farben sind die natürlichen Haarfärbemethoden allerdings nur etwas für Geduldige. Hautarzt Günther Hofbauer sagt: «Der Effekt wird erst nach drei bis fünf Behandlungen sichtbar und ist nicht sehr stark.» Zudem muss man die Spülung regelmässig anwenden. Nach einer solchen Tönung pflegt man die Haare am besten mit einer Essigspülung:
Man verdünnt dazu Obstessig im Verhältnis 1:10 mit Wasser, gibt ein paar Tropfen Sesamöl dazu und spült das Haar damit.
Ulmann tönt ihren Kundinnen die Haare mit Farben aus gemahlenen Blüten, Wurzeln, Früchten und Rinden. Sie sagt: «Färben mit Naturfarben ist wie Aquarellieren. Die Farben decken weniger als die synthetischen Farben und sehen natürlicher aus.» Anders als beim Aufhellen legen sich die Farbstoffe beim Tönen ums Haar. Die Farbe hält bis zu mehreren Wochen.
Shampoo ohne Silikon verwenden
Edith Ulmann verrät einen Trick, wie die Hausmittel etwas besser wirken: Man sollte generell Shampoo ohne Silikon verwenden. Denn Silikon legt sich bei jeder Haarwäsche um die Haare und erschwert ein Andocken der natürlichen Farben. Hersteller wie Farfalla, Lavera oder Weleda bieten silikonfreie Shampoos an, allerdings sind sie mit rund 10 Franken pro Flasche relativ teuer.
Nicht immer sind aufwendige Behandlungen nötig, um die Haarfarbe etwas zu verändern. Manche bringen ihre blonden Strähnchen gratis aus den Herbstferien mit: Salzwasser und Sonne sind zwei der kräftigsten natürlichen Aufheller für das Haar. Damit es nicht spröde wird, mischt man dem Shampoo einen Esslöffel Jojoba-Öl bei oder spült es mit Grüntee aus. Wie einst die Hippies.
Tipps: Rezepte mit Kamille und Schwarztee
Kamille-Spülung (hellt auf)
5 dl Wasser
6 Beutel Kamillentee oder
3 EL römische Kamillenblüten
Wasser aufkochen und Kamille hineingeben. 30 Minuten ziehen lassen. Tee absieben bzw. Beutel entfernen.
Den lauwarmen Aufguss auf die handtuchtrockenen Haare giessen und mit den Fingern leicht einkneten. An der Sonne trocknen lassen.
Schwarztee-Spülung (tönt)
3 EL Schwarztee
3 dl Wasser
Wasser aufkochen und dann über den Tee giessen. Tee mindestens 30 Minuten ziehen lassen und danach durch ein Sieb abgiessen.
Den lauwarmen Sudportionenweise über die Haare giessen und einkneten. Nach 30 Minuten gründlich mit lauwarmem Wasser ausspülen.