Flugtickets: Weder zu früh noch zu spät buchen
Die Fluggesellschaften hüten ihre Preisgestaltung wie ein Staatsgeheimnis. Eine saldo-Stichprobe zeigt: Zwei Monate vor dem Flug sind die Tarife am günstigsten.
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saldo 5/2004
17.03.2004
Martin Müller
Schnell übers Wochenende nach Wien ins Musical oder nach Berlin zum Shopping: Kurze Städtereisen sind im Trend, und die sinkenden Flugpreise tragen dazu bei, diese Ferienform immer populärer zu machen.
Wie viel man dafür zahlen muss, hängt entscheidend vom Zeitpunkt der Buchung ab: Ein Retourflug Zürich-Wien für das nächste Wochenende (19. bis 22. März) mit Swiss ab Zürich kostet für zwei Erwachsene inklusive aller Taxen nur 356 Franken - wenn man Anfang Januar gebucht ...
Schnell übers Wochenende nach Wien ins Musical oder nach Berlin zum Shopping: Kurze Städtereisen sind im Trend, und die sinkenden Flugpreise tragen dazu bei, diese Ferienform immer populärer zu machen.
Wie viel man dafür zahlen muss, hängt entscheidend vom Zeitpunkt der Buchung ab: Ein Retourflug Zürich-Wien für das nächste Wochenende (19. bis 22. März) mit Swiss ab Zürich kostet für zwei Erwachsene inklusive aller Taxen nur 356 Franken - wenn man Anfang Januar gebucht hatte. Letzten Donnerstag musste man für genau den gleichen Flug 1253 Franken bezahlen - also dreieinhalb Mal mehr.
Das ist aber die Ausnahme, denn Wien retour ist für zwei Personen je nach Fluglinie und Buchungszeitpunkt in der Regel für unter 600 Franken zu haben (siehe Grafik). saldo hat seit Mitte Dezember bei fünf Gesellschaften die jeweils günstigsten Retourpreise nach Wien respektive Berlin für ein verlängertes Wochenende verglichen.
Swiss: Ab Basel günstiger als ab Zürich
Mit der Bahn kostet die Städtereise nach Wien für zwei Personen (mit Halbtax) mindestens 244 Franken, Berlin ist ab 380 Franken zu haben. Angesichts der viel längeren Reisezeit ist die Schiene gegenüber dem Luftverkehr nach den beiden Destinationen nur bedingt konkurrenzfähig.
Insgesamt schneidet Swiss überraschend gut ab - am meisten profitieren Kunden, die lange im Voraus buchen. Die Tiefpreisstrategie der mit Steuergeldern finanzierten Fluggesellschaft hat tatsächlich zu tieferen Preisen für Europa-Destinationen geführt. Auch wenn die günstigsten Tickets (ab 49 Franken) schnell weg sind, gibt es genügend preiswerte Angebote. Interessant: Swiss-Flüge ab Basel sind eher billiger als jene ab Zürich.
Die Fluggesellschaften hüten die Details ihrer Buchungssysteme wie ein Staatsgeheimnis; das Auf und Ab der Preise hängt von verschiedensten Faktoren ab, darunter dem bisherigen Buchungsstand. Die saldo-Stichprobe ist daher eine Momentaufnahme und dient nur als Indiz dafür, wann der beste Buchungszeitpunkt ist.
Generell zeigt sich, dass die Tickets rund zwei Monate vor dem geplanten Abflug tendenziell am günstigsten sind. Entgegen der verbreiteten Meinung ist möglichst frühes Buchen nicht zwingend am billigsten: Im Lauf des Dezembers und Januars senkten verschiedene Airlines mehrmals ihre Preise für die Märzflüge. Die Angebote wurden teurer, je näher der Abflugtermin rückte.
Vorausbuchen kann aber auch Tücken haben, wie das Beispiel von Germania Express zeigt: Zu Beginn des Vergleichs bot der deutsche Billigflieger Direktflüge von Zürich nach Wien an, die man bis Anfang Sommerflugplan buchen konnte. Kurz vor Jahresende stoppte Germania Express die offenbar unrentablen Flüge.
Auch für die Verbindung zwischen Zürich und Berlin gab es Probleme: Bis Anfang Januar hätte saldo ohne weiteres Plätze für den gewünschten Freitagmorgen-Flug nach Berlin buchen können, dann verschwand ST 2157 plötzlich aus dem Flugplan - übrig blieb nur der Freitagabend-Flug. «Zu geringe Auslastung», gibt Germania Express als Annullationsgrund an; die betroffenen Passagiere könnten kostenlos auf einen anderen Flug umbuchen oder die Buchung stornieren.
Interessant ist, wie jene Gesellschaften in der saldo-Stichprobe abschneiden, die mit fixen Preisen werben (77 Euro bei Germania und 99 Euro bei Helvetic - jeweils für die einfache Strecke, plus Taxen). Lange Zeit blieb Germania Express preislich im Mittelfeld, doch sobald die Konkurrenten die Preise erhöhten, war die deutsche Gesellschaft innert Tagen ausgebucht.
Anders bei Helvetic: Der Fixpreis für den Wien-Flug liegt zu hoch, erst wenige Tage vor Abflug wird er einigermassen attraktiv. Helvetic-Kommerzchef Thomas Frischknecht führt dies auf die Testanlage (verlängertes Wochenende) zurück. Gemäss seiner Aussage verlangen die Airlines von Geschäftsreisenden, die am gleichen Tag zurückfliegen wollen, höhere Tarife - deshalb besitze Helvetic in diesem Segment die besseren Karten.
Air Berlin: Günstige Flüge, ausgelastete Maschinen
Allerdings reicht dies kaum, um Helvetic, die im letzten November startete, über die Runden zu bringen: Nach Wien lag die Auslastung der Flüge in den ersten drei Monaten nur gerade bei mageren 20 Prozent.
Anders die erfolgreiche Air Berlin: Im letzten Jahr transportierte die deutsche Fluglinie 147 000 Reisende zwischen Zürich und Berlin, und die Flugzeuge waren zu 75 Prozent ausgelastet. Air Berlin verdiente nach eigenen Angaben allein mit dieser
Verbindung bisher eine Million Euro (1,58 Millionen Franken). Günstige Tickets und hohe Gewinne schliessen sich also nicht aus.
So wurde getestet
- Zwischen 15. Dezember und 11. März fragte saldo jeden Montag und Donnerstag auf den Homepages von fünf Airlines den aktuell günstigsten offiziellen Preis für einen Retourflug nach Berlin respektive Wien für zwei Erwachsene (Internet-Buchung inklusive aller Gebühren) für das Wochenende vom 19. bis 22. März ab. Die Euro-Preise wurden tagesaktuell in Schweizer Franken umgerechnet.
- Berücksichtigt wurden Direktflüge ab Basel, Bern und Zürich nach Berlin (Tempelhof oder Tegel) respektive Wien. Ausnahme: Sky Europe fliegt ab Zürich nach Bratislava; von dort besteht eine Busverbindung ins benachbarte Wien.
- Bietet die Airline an den gewünschten Daten mehrere Flüge an, so wurde für den Hinweg der erste Morgenflug ausgewählt, retour der letzte Abendflug.
Billige Tricks der Airlines
Manche Fluggesellschaften versuchen, über den scheinbar unbeeinflussbaren Posten «Gebühren» neue Einnahmen zu kaschieren. So berechnen Swiss und Helvetic für die Retourstrecke Zürich-Wien neben den normalen Ticketpreisen je rund 65 Franken an Start- und Landegebühren sowie anderen Taxen. Die österreichische Austrian Airlines (AUA) hingegen schlägt über 85 Franken auf die publizierten Ticketpreise.
AUA begründet diese Differenz mit einer Sicherheitsgebühr für verstärkte Cockpittüren sowie zusätzliches Sicherheitspersonal an Bord. Das machen indes alle Airlines - aber sie kalkulieren diese Kosten in die Ticketpreise ein.
Ein anderer Trick gaukelt den Konsumenten Schnäppchenpreise vor und verleitet dadurch zu unüberlegten Buchungen: Auf der Air-Berlin-Homepage sind die aktuellen Ticketpreise in Euro angegeben; mit einem Mausklick lassen sich die Tarife umgehend auch in Schweizer Franken anzeigen. Dabei rechnet Air Berlin aber mit einem völlig veralteten Euro-Kurs von Fr. 1.36 statt Fr. 1.58. Der Flug nach Berlin koste 156 Franken, sagt Air Berlin mit diesem Wechselkurs dem Kunden. Dass es in Wahrheit 180 Franken sind, merkt dieser erst viel später, wenn die Kreditkarten-abrechnung über 114 Euro ins Haus flattert. Es sei halt nicht möglich, die Wechselkurse jeden Tag anzupassen, meint Air Berlin dazu lapidar.