Ein Mann mit schütterem Haar steht neben einem VW-Bus und putzt seine Schuhe. Er fragt, ohne in die Kamera zu blicken: «Gibt es etwas, das du nicht bekommen hast?» Die Antwort kommt aus dem Off: «Ein Gefühl von Sicherheit.» Der alte Mann fragt nach: «Hätte ich dir das geben können?» Antwort: «Offensichtlich nicht, wahrscheinlich hattest du selber keines.» Bald wird das Gespräch dem Gefilmten unerträglich, er läuft aus dem Bild. 

Es sind Vater und Sohn, die hier reden. Pawel und Marcel Lozinski, beides polnische Dokumentarfilmer, sind zusammen im VW-Bus von Warschau nach Paris gereist. Dabei haben sie sich gegenseitig gefilmt – beim Fahren, Essen, Schlafen und vor allem beim Reden. Sie reden über ihre Kindheit, über Erziehung, über Frauen und vor allem über ihre Vater-Sohn-Beziehung.     

Das mag anmuten wie der Seelenstrip zweier selbstverliebter Künstler, doch das Resultat ist berührend. Die Auseinandersetzungen gehen den zwei Männern offensichtlich nahe. Immer wieder weichen sie den Fragen und Vorwürfen des anderen aus, «machen zu». Doch dank der Kamera gelingt es den Filmern in solchen Momenten, die feinsten Gefühlsregungen des Gegenübers sichtbar zu machen – und sich so nahe zu kommen. Das ist eine filmische Leistung. Und das vor einer Kulisse, die oft nicht viel hergibt: Ein einfacher Mittagsimbiss, eine Wiese und immer wieder der VW-Bus auf der Strasse. 

Diese Ruhe, diese Einfachheit machen den Film zu einem erfrischenden Lichtblick in Zeiten des gefühlstriefenden Hollywood- und Seifenopern-Klamauks.

sehr empfehlenswert

«Vater und Sohn»: Dokumentation, Montag, 21. April, um 23.35 Uhr auf Arte