Es gilt im Schweizer Fernverkehr: Hat ein Interregio oder ein Inter­city der SBB eine Verspätung von mehr als 60 Minuten, erhalten Fahrgäste der 2. Klasse ­einen Gutschein über 10 Franken, Passa­giere der 1. Klasse ­einen Bon über 15 Franken. Dazu verpflichtet wären die SBB eigentlich nicht. 

Laut den SBB verteilt das Zugpersonal diese «Sorry»-Gutscheine von sich aus an die Kunden. Die Realität sieht aber anders aus, wie verschiedene Passagiere dem K-Tipp berichteten. «Sorry»-Gutscheine gab es erst auf Nachfrage beim Zugbegleiter. 

Die SBB behaupten auf Anfrage des K-Tipp trotzdem, die ­Gutscheine ­würden vom Zugpersonal «proaktiv abgegeben». Erhalte ein ­Kunde dennoch keinen Check, so könne er sich nach der Reise an den ­Kundendienst wenden. 

EU-Regeln gelten für Züge aus dem Ausland

Passagiere in der EU ­fahren besser. Sie sind nicht auf Kulanz der Bahnen an­gewiesen, sondern haben einen Rechtsanspruch auf eine Entschädigung. Gestützt auf eine Verordnung der EU, müssen die Bahnen den Fahrgästen, die zum Beispiel in Deutschland, Österreich, Frankreich oder Italien ­einen Fernverkehrszug benützen, bei einer Stunde Verspätung 25 Prozent des Billettpreises zurückerstatten. Bei zwei Stunden ­Verspätung sind es sogar 50 Prozent. In Ita­lien gibts die Gutschrift von 25 Prozent schon ab ­einer Verspätung von 30 Mi­nuten.

Die EU-Regelung gilt auch im grenzüberschreitenden Verkehr mit der Schweiz. Das heisst: Die Passagiere haben bei ver­späteter Ankunft in der Schweiz ­einen Rechts­anspruch auf 25 bis 50 Prozent Rück­erstattung des Billettpreises – auch in SBB-Zügen.

Laut SBB verteilt das ­Personal in Zügen, die verspätet aus dem Ausland ankommen, Entschädigungsformulare. Eine Stichprobe der Zeitschrift «Saldo» im Hauptbahnhof Zürich zeigte jedoch: Von zehn SBB-Angestellten konnte oder wollte keiner ein Entschädigungsformular ab­geben. Einzelne gaben ein Kärtchen mit der E-Mail-Adresse des Kunden­dienstes ab. Andere verwiesen an den SBB-Schalter («Saldo» 10/2016).