Letztes Jahr feierte die Schweiz 500 Jahre Schlacht bei Marignano und das 100-jährige Bestehen der Eidgenössischen Steuerbehörde. Für beide Anlässe gab die Post eine Sondermarke heraus. Beide, die Schlacht und die Steuerbehörde, kosten je einen Franken (A-Post-Marke).

Die Kriterien für eine Sondermarke sind in Artikel 42 der Postverordnung festgehalten. Eine Marke darf zum Beispiel für wichtige nationale oder internationale Veranstaltungen herausgegeben werden. Verbände können einen Antrag für eine Sondermarke einreichen. 2007 feierte zum Beispiel der «Schweizerische Klub für Berner Sennenhunde» sein 100-Jahr-Jubiläum mit einer Briefmarke. Ende September 2015 zählte der Klub 877 Aktivmitglieder.

Sondermarke für Weltkonzern Nestlé

Ein paar Ligen höher spielt der Nahrungsmittelkonzern Nestlé. Am 3. März erscheint eine Briefmarke zum 150. Geburtstag des Konzerns. Es ist neu in der Geschichte der Schweizer Philatelie, dass ­einem börsenkotierten Unternehmen eine Briefmarke gewidmet wird. Ein Nestlé-Sprecher kündigt an, dass der Konzern die Marken für den Versand verwenden will. Ein gutes Marketinggeschäft? Zufall oder nicht: Andreas Schläpfer, Post-Vizepräsident und Post-Verwaltungsrat, war 31 Jahre lang bei Nestlé tätig.

In die Auswahl der Sondermarken sind drei Stellen involviert. Als Erstes sammelt ein anonymes Gremium der Post Ideen von Firmen und Vereinen. Es macht eine Auslese und schickt Vorschläge an Franz Huber, Leiter Poststellen und Verkauf. Der sieht sich die Wünsche an und sortiert ein paar aus. Der Entscheid, welche Sondermarken erscheinen, liegt gemäss Postsprecherin Jacqueline Bühlmann bei der Konzernchefin Susanne Ruoff. Es gibt keine Richtlinien, nach welchen Kri­te­rien selektiert wird. 

Sondermarke für belgische Comicfigur

Was passiert, wenn gleich drei Instanzen über die Selektion von Sondermarken entscheiden, zeigte sich letztes Jahr: Die Post widmete zwei Sondermarken Marsupilami. Marsupilami? Das ist eine belgische Comicfigur, ausserhalb von Frankreich und Belgien ist sie aber nur wenig bekannt. Die Post behauptet in ­ihrem Briefmarkenmagazin aber kühn: «Marsupilami gilt als drittbeliebteste Figur der Vier- bis Zwölfjährigen.» Der Kinofilm «Auf den Spuren des Marsupilami» sei ein Kassenschlager gewesen. 

Das ist gleich doppelt falsch. Weder ist Marsupi­lami eine beliebte Comic­figur in der Schweiz, noch war der Film ein Erfolg. Laut saldo-Recherchen lief der vermeintliche «Kassenschlager» nur gerade in sieben Kantonen. 

Sondermarke in eigener Sache

Noch mehr Fragen wirft die Sondermarke für das Künstlerduo «Divertimento» auf. Die beiden Komiker sind die bekanntesten Künstler im Tourneetheater «Das Zelt». Der grösste Sponsor von «Das Zelt» heisst Postfi­nance. Mit anderen Worten: Die Post verkauft Briefmarken der Komiker und Post­finance sponsert die Bühne. Für die Post kein Problem.  Jacqueline Bühlmann sieht im Sponsoring und der Briefmarke «zwei unabhängige Angelegenheiten».

Wengstens auf etwas kann man sich bei der Post verlassen: auf Hunde. In den letzten fünfzig Jahren sind gleich fünf Briefmarken mit Hundesujets herausgekommen. Für 2017 bietet sich eine weitere Sondermarke an: Der Schweizerische Schäferhund-Club OG St.Gallen-Appenzell wird dann 80 Jahre alt.