Der Friedensrichter hatte keine Chance, eine Einigung zu erreichen: Der Graben in diesem Schrebergartenstreit war bereits zu tief. Wie geladen die Stimmung zwischen den Parteien ist, zeigt sich auch ein paar Wochen später vor dem Bezirksgericht Zürich. «Wir werden das Feld nicht räumen», kündigt der Kläger vor dem Einzelrichter an. Er und seine Frau haben bei einem Verein einen Schrebergarten gepachtet. «Dieser Garten bedeutet uns alles», sagt der Mann. Seine Frau sitzt neben ihm und schaut mit finsterer Miene zum Anwalt des beklagten Schrebergartenvereins.
«Uns wurde das Pachtverhältnis aus heiterem Himmel gekündigt», fährt der Kläger fort. «Ende Monat sollen wir raus. Das geht nicht.» Der Verein habe wohl noch nie etwas von Kündigungsschutz gehört. Zudem verstosse er auch gegen die Statuten. Denn laut diesen könne einzig der Präsident zusammen mit einem Vorstandsmitglied eine Kündigung aussprechen. «Die Kündigung des Pachtvertrags hat aber nur die Kassiererin unterschrieben.» Das Gericht müsse die Kündigung für ungültig erklären, fordert der Hobbygärtner.
Der Anwalt des Schrebergartenvereins argumentiert, die Kassiererin sei auch für das Pachtwesen zuständig. Das Ehepaar wisse das, es habe mit ihr ja den Pachtvertrag abgeschlossen. Und weiter: «Der Verein kann nicht für jede einzelne Aufgabe eine Person einstellen.» Einzelne Leute würden mehrere Aufgaben verrichten, «damit die Kosten tief bleiben».
Das lässt der Kläger nicht gelten: Wenn dem so sei, müsse das auch «klipp und klar» in den Statuten so festgehalten werden, sagt er.
Das Gespräch mit den Pächtern mehrmals gesucht
Nun bricht die Vertreterin des Gartenvereins ihr Schweigen. Sichtlich aufgeregt fragt sie: «Was soll das Ganze? Warum klammern Sie sich so sehr an Formalitäten? Wir sind ein Familiengartenverein und nicht eine Bank mit einer Managementabteilung.» Ihr Anwalt erklärt dem Richter, dass der Gartenverein für über 500 Gärten zuständig sei. Es handle sich um Pachtverträge. Und in diesen sei ausdrücklich festgehalten, dass eine Kündigung jederzeit möglich sei. «Meine Mandantin muss nicht einmal begründen, warum sie die Kündigung ausspricht.»
Daraufhin zeigt der Anwalt dem Richter Fotos, die einen verwilderten Garten zeigen. Überall liegt Abfall herum. «Der Garten ist eine Katastrophe», sagt seine Mandantin. «Er wurde seit Monaten nicht gepflegt und wird nun auch noch als Mülldeponie benutzt.» Sie hätten mehrmals das Gespräch mit den Pächtern gesucht, nachdem sich die Nachbarn beschwerten. «Es ist zwecklos, sie wollen nicht aufräumen.» Weit über 100 Interessierte stünden auf der Warteliste. Ausserdem habe das Ehepaar den jährlichen Pachtzins von knapp 300 Franken nicht bezahlt. Die Pächter versichern, dass sie zahlen würden. Aber erst nachdem das Gericht den Entscheid gefällt habe, ob die Kündigung rechtens sei oder nicht.
Der Richter hat genug gehört. Er erklärt den Klägern, dass es sich um einen Pachtvertrag handle. Im Vertrag sei festgehalten, dass er jederzeit gekündigt werden könne. Und: Es gebe zwar Kündigungsschutzbestimmungen für Wohn- und Geschäftsräume. Diese würden aber nicht für die Pachtverhältnisse eines Schrebergartenvereins gelten.
Die Kläger geben sich geschlagen, akzeptieren einen Vergleich und versprechen, den Garten zu verlassen sowie den Pachtzins zu begleichen. Die Gerichtskosten betragen 100 Franken. Die Parteien haben eine hälftige Übernahme vereinbart.
Pächter haben ähnliche Rechte wie Mieter
Ein Pachtvertrag gibt dem Pächter das Recht zur Nutzung eines Grundstücks und zur Ernte der Erträgnisse. Im Gegenzug zahlen Pächter wie Mieter einen Zins. Pachtverträge sind mit einer Frist von sechs Monaten kündbar, wenn im Vertrag nichts anderes verabredet wurde. Einen Kündigungsschutz wie bei der Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen gibts für gepachtetes Land nicht.