Die 35-jährige kaufmännische Angestellte war seit 2015 bei der eingeklagten Handelsfirma in Hinwil ZH tätig, zu Beginn im Stundenlohn, rund ein Jahr später im Monatslohn. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht abgeschlossen. Die Frau erhielt im ersten Jahr einen 13. Monatslohn – dann nicht mehr. Das führte zum Streit. Die Angestellte kündigte Mitte 2021 und forderte die seit 2017 ausgebliebenen 13. Monatslöhne gerichtlich ein.
Die Anwältin der Klägerin begründet am Bezirksgericht Hinwil die Forderung damit, unter den Parteien sei mündlich ein 13. Monatslohn vereinbart worden. Ausbezahlt worden sei er aber nur im Jahr 2016, in den folgenden viereinhalb Jahren jedoch nicht mehr. «Meine Klientin sprach den Chef immer wieder auf den ausstehenden 13. Monatslohn an», erläutert die Anwältin der Einzelrichterin. Er habe sie aber stets auf später vertröstet. Für die nicht ausbezahlten 13. Monatslöhne in den Jahren 2017 bis Mitte 2021 habe die Frau noch einen Lohnanspruch von insgesamt 21 600 Franken.
Auch den letzten Lohn hat der Chef nie überwiesen
Zudem sei der Betrieb der ehemaligen Angestellten noch den Lohn für den letzten Arbeitsmonat in der Höhe von 4800 Franken schuldig, so die Anwältin. «Dieser ist ihr mit der Begründung verweigert worden, sie habe nicht mehr gearbeitet.» Das sei falsch. Die Klägerin habe wie zuvor gearbeitet – mit dem Unterschied, dass sie das auf Anweisung des Chefs von zu Hause aus getan habe.
Die beklagte Handelsfirma ist vor Gericht durch den Geschäftsleiter vertreten. Seine Anwältin bestreitet die Behauptungen der ehemaligen Angestellten: «Die Parteien haben weder mündlich noch schriftlich einen 13. Monatslohn vereinbart.» Auch die anderen Mitarbeiter hätten jeweils keinen 13. Monatslohn erhalten.
Die Klägerin sei auch für die Lohnadministration zuständig gewesen. Sie habe nicht nur die Löhne der Mitarbeiter, sondern auch ihren eigenen Lohn ausgezahlt, erklärt die Anwältin. «Mein Mandant vertraute der Klägerin, er war häufig abwesend.» Er habe nicht alle Zahlungen kontrolliert, sondern nur die von Grosskunden. Deshalb habe er erst nachträglich gesehen, dass sich die Frau 2016 einen 13. Monatslohn ausbezahlt habe. Er habe diese Zahlung nie autorisiert und behalte sich ausdrücklich vor, das Geld zurückzuverlangen. Jedenfalls sei klar, dass die Frau für die Folgejahre keinen Anspruch auf einen 13. Monatslohn habe.
Der letzte Monatslohn sei tatsächlich nicht ausgezahlt worden. Grund: Die Klägerin sei telefonisch nur sporadisch zu erreichen gewesen und habe auch nicht auf E-Mails reagiert. Zudem habe sie im letzten Arbeitsmonat eigenmächtig Ferien bezogen. Der Grundsatz sei klar: Ohne Arbeit bestehe kein Anspruch auf Lohn.
Ohne Beweis kein Anspruch auf 13. Monatslohn
Nach einer kurzen Verhandlungspause erläutert die Einzelrichterin ihre Sicht der Dinge: Es sei Sache der Klägerin zu beweisen, dass wie behauptet mündlich ein 13. Monatslohn vereinbart worden war. Gelinge ihr der Beweis nicht, habe sie keinen Anspruch auf darauf. Bezüglich des letzten Monatslohns gehe sie davon aus, dass das Geld grundsätzlich geschuldet sei.
Die Richterin rät den Parteien schliesslich zu einem Vergleich. Nach längeren Diskussionen einigen sich der Firmenchef und seine ehemalige Angestellte darauf, dass ihr der Betrieb statt der geforderten 26 400 Franken noch 8800 Franken zahlt. Die Anwaltskosten tragen beide Parteien selber.
Das Gesetz kennt keinen 13. Monatslohn
Anspruch auf den 13. Monatslohn, auf eine Gratifikation oder einen Bonus haben Angestellte nur, wenn dies vertraglich vereinbart wurde. Denn das Gesetz enthält dazu keine Vorschriften. Eine mündliche Vereinbarung reicht, aber sie ist schwer beweisbar. Und wer Geld von jemandem fordert, muss den Anspruch vor Gericht beweisen können. Deshalb sollte man den 13. Monatslohn schriftlich vereinbaren. Ausnahme: In einigen Branchen ist er im Gesamtarbeitsvertrag vorgesehen.
Ausnahmsweise kann ein 13. Monatslohn ohne Vertrag geschuldet sein: Nämlich dann, wenn ein Betrieb jahrelang und ohne jeden Freiwilligkeitsvorbehalt eine solche Jahresendentschädigung auszahlt.
Ein Bonus hängt in der Regel von der individuellen Leistung eines Angestellten und dem Geschäftsgang ab. Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollten die Kriterien für die Auszahlung im Vertrag klar festgelegt sein.