Abends bauen Silvia (49) und Pablo Menén­dez (53) ihr Wohnzimmer zum Elternschlaf­zimmer um. Ihre Eigentums­wohnung ist mit 47 Quadratmetern zu klein für vier Personen. Umziehen kommt aber nicht in Frage: Argen­tinien ist erneut in einer wirt­schaftlichen Krise und die Familie muss ihre Kosten klein halten. Letztes Jahr lag die Teuerung bei über 50 Prozent, dieses Jahr stieg sie noch mehr. «Die Gehälter blieben hinter der Inflation zurück», sagt Vater Pablo. Er arbeitet als Taxifahrer, Mutter Silvia ist Sonderschullehrerin.

Tochter Lucrecia (15) ist «K-Pop»-Fan. Sie liebt die Popmusik aus Südkorea und träumt davon, irgendwann in das südost­asiatische Land zu reisen. Sohn Ignacio (8) ist da bescheidener: Schon ein Schnitzel mit Pommes frites macht ihn glücklich. 

Finanzielle Situation

  • Haushaltseinkommen: Brutto 1290 Franken pro Monat
  • Kosten fürs Wohnen: 120 Franken Nebenkosten pro Monat (inkl. Hauswart)
  • Kosten für Krankenversicherungen: 336 Franken pro Monat für die Privatver­sicherung. Die Grundversorgung ist gratis.
  • Steuern: 3880 Franken pro Jahr

Sind Sie mit Ihrer Wohnsituation zufrieden?

Silvia: Wir mögen unsere Wohnung und unser Viertel, aber es fehlen zwei Zimmer. 

Pablo: Immerhin zahlen wir keine Miete.

Was gibt es heute zum Abendessen?

Silvia: Wir haben noch Reis und ein paar Schnitzel im Kühlschrank.

Was hat Ihre Berufswahl bestimmt?

Pablo: In meinem Verwandtenkreis gab es drei Taxifahrer. Schon mit 20 Jahren sprang ich immer wieder ein. 

Silvia: Ich wollte Sonderschullehrerin für Gehörlose werden. Doch dann merkte ich, dass ich lieber Kindern mit geistiger Behinderung helfen möchte.

Wie lange ist Ihr Arbeitsweg?

Silvia: 20 Minuten mit dem Bus.

Wie lange arbeiten Sie?

Silvia: Morgens bin ich in der Schule, nachmittags bereite ich den Unterricht vor und kümmere mich um den Haushalt. 

Pablo: Ich habe viele Stammkunden und fahre, wann immer sie mich buchen. 

Welche Verkehrsmittel benützen Sie?

Silvia: Den Bus.

Wo verbrachten Sie Ihre letzten Ferien?

Silvia: Wegen Corona blieben wir letztes Jahr zu Hause. In den Winterferien, die bei uns
im Juli beginnen, wollen wir nach Patagonien.

Sparen Sie Geld? 

Pablo: Sparen liegt für uns nicht drin. Wenn überhaupt, dann legen wir Geld für Repara­turen am Auto oder für Ferien zurück.

Was hat Sie in den letzten zwölf Monaten am meisten belastet?

Silvia: Die Coronapandemie. Argentinien setzte auf rigorose Massnahmen. Rund acht Monate lang mussten wir zu Hause bleiben. Der virtuelle Unterricht war für die Integrationsklassen eine Herausforderung. Pablo: Ich hatte kaum mehr Kunden und musste Pakete von Internethändlern auslie­fern, um die Familie über Wasser zu halten.