Samuel Spycher aus Biel BE ist ein begeisterter Jogger. Seine Läufe dauern oft anderthalb Stunden. Im Winter pausierte der 34-Jährige während zwei Monaten. Danach trainierte er wieder so intensiv wie vorher. Bis er plötzlich einen stechenden Schmerz im Knie verspürte: zuerst nur beim Laufen, später auch beim Gehen.
Grund für Spychers Schmerzen waren überlastete Sehnen. Er litt unter einem sogenannten Läuferknie. Folge: Er musste sein Training massiv einschränken.
Eine Physiotherapeutin zeigte ihm dann Dehnübungen. «Seit ich diese mache, habe ich keine Schmerzen mehr und kann wieder zweimal in der Woche eine halbe Stunde rennen», sagt der Bieler.
Besonders Kniebeschwerden kommen bei Läufern oft vor
Laut Forschern der Zürcher Universitätsklinik Balgrist leidet jeder zweite Jogger an überlasteten Sehnen oder Gelenken. Das sind die wichtigsten Problemzonen:
Knie: Jogger leiden oft unter Knieschmerzen. Beim Läuferknie reibt ein Strang von Sehnenfasern immer wieder an einem Vorsprung des Oberschenkelknochens über dem Knie, bis er sich entzündet. «Besonders gefährdet sind Jogger mit Fehlstellungen wie zum Beispiel O-Beinen», sagt Sportarzt Christian Protte vom Bundesamt für Sport.
Eine Studie der US-Universität North Carolina zeigte 2008: Läufer mit wenig Muskeln an den Oberschenkeln sind häufiger betroffen. Sie haben oft schwache Beuger an der Hinterseite sowie schwache Strecker auf der Vorderseite des Oberschenkels. Die Forscher untersuchten 1600 Soldaten über mehrere Jahre hinweg.
Schienbein: Schmerzen an der Innenkante des Schienbeins gehen dagegen häufig von einem Knick- oder Senkfuss aus. Davon betroffen sind eher Läufer, die in grossen Schritten rennen. Auch der abrupte Wechsel von Waldboden auf Asphalt erhöht das Risiko, sagt Protte. Gemäss einem Fachartikel in der «Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin» leiden vor allem junge Läufer unter solchen Beschwerden.
Achillessehne: Schmerzen an der Achillessehne kommen bei Läufern ebenfalls oft vor (saldo 6/2018). Die Sehne entzündet sich, wenn der Fuss überlastet ist. Deutsche Forscher der Uni Tübingen zeigten 2015: Mehrheitlich trifft es Läufer mit schwachen äusseren Wadenmuskeln. Sie können diese weniger gut dehnen als Läufer, die keine Beschwerden an der Achillessehne haben. Zudem sind ihre Sprunggelenke weniger beweglich.
Oft sind auch die Laufschuhe ein Grund für Schmerzen. Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser sagt: «Bei zu weichen und zu stark gedämpften Schuhen kippt die Achillessehne immer ein wenig hin und her.» Das kann zu Entzündungen führen.
Starke Muskeln senken das Verletzungsrisiko
Doch solche Schmerzen und Entzündungen kann man vermeiden. «Am wichtigsten ist, dass man nicht zu viel und zu intensiv trainiert», rät Protte. Am besten läuft man zu Beginn der Laufsaison höchstens jeden zweiten Tag und steigert den Rhythmus langsam. Entzündungen an der Achillessehne kann man auch vorbeugen, indem man immer wieder die Wade dehnt und nicht zu weiche Schuhe trägt.
Zudem sollte man frühzeitig die Muskeln trainieren. Starke Muskeln senken das Verletzungsrisiko. «Man sollte zuerst die Rumpfmuskeln aufbauen, bevor man regelmässig rennt», sagt der Zürcher Sportarzt Walter O. Frey. Grund: Beim Joggen stösst man sich viel stärker am Boden ab als beim Gehen. Das belastet Knochen, Muskeln und Sehnen. Starke Rumpfmuskeln können diese Impulse gut abfedern. Sind sie aber zu schwach, müssen das die Muskeln, Sehnen und Gelenke an Beinen und Füssen übernehmen. «So werden sie falsch oder zu stark belastet», sagt Frey.
Sportarzt Frey stellte für saldo zehn Übungen zusammen, mit denen man die Rumpfmuskeln stärken kann (siehe Merkblatt unten).
Christian Protte rät zudem, Abwechslung ins Training zu bringen, um Verletzungen zu vermeiden: «Am besten läuft man mal auf Asphalt, dann wieder auf der Finnenbahn oder im Wald», sagt er. «Ab und zu kann man das Joggen auch durch Krafttraining, Velofahren, Aqua-Jogging, Inlineskating oder Schwimmen ersetzen.» Dabei entlastet man die Gelenke und trainiert gleichzeitig Herz und Kreislauf.
Gratis-Merkblatt: «Jogging: Dehn- und Kraftübungen»
Das Merkblatt lässt sich hier herunterladen.