Vor 50 Jahren gab es für mich drei historische Ereignisse: die Olympischen Winterspiele im japanischen Sapporo, den Formel-1-Weltmeistertitel von Emerson Fittipaldi und die Eröffnung unserer neuen Migros-Filiale. Das dritte Ereignis wurde ­weder mit Fackel noch mit Champagner ­gefeiert, sondern mit einem Butterzopf. Für jeden Einkauf gabs am Eröffnungstag einen kleinen Zopf. Ehrensache, dass wir Buben jeden Artikel einzeln einkaufen gingen.

Was wir damals noch nicht ahnten: 1972 kassierten wir lebenslänglich. Fortan waren wir Gefangene der Migros. Ein Einkauf im Coop, den wir damals noch «Konsum» nannten? Kam nicht mehr in Frage. Denn die ­Migros hatte alles. Im Sommer sogar Velos. Und im Winter Ski. Nur Markenartikel gabs nicht. Aber stattdessen Nachahmerprodukte. Und erst noch mit lustigen Namen: der koffeinfreie Kaffee in der Migros hiess Café Zaun statt Café Hag. Er heisst heute noch so. Das Waschmittel trug den Namen Ohä. Er stand für «Ohne Hänkel». Weil es die Migros selbst herstellte und nicht die Firma Henkel. Eimalzin schmeckte wie Ovomaltine. War aber billiger.

Und heute? Heute muss ich froh sein, wenn ich noch einen Mehrfachstecker finde. Oder ein Verlängerungskabel. Denn der Laden ist voll mit Markenprodukten. Schoggi von Lindt. Suppe von Knorr. Wasser von Evian. Senf von Thomy. Zahnpasta von Elmex.

Deshalb frage ich mich: Sind die Migros-­Leute von ihren eigenen Produkten nicht mehr überzeugt? Oder wollen sie, dass es in ihren Läden genau gleich aussieht wie bei Coop?

Vielleicht habe ich doch nicht «lebenslänglich». Denn eigentlich kann ich jetzt genauso gut in den Coop gehen.