Alissa Pouchon aus Nussbaumen bei Baden AG sieht schlecht. Sie ist kurzsichtig und sagt: «In Läden kann ich oft die Preise nicht lesen. Und auf der Strasse erkenne ich manchmal die Gesichter von Bekannten nicht.»
Vor drei Jahren sah sie im Tram eine Werbung der Zürcher Augenklinik Iroc. Auf der Internetseite der Klinik las sie später: «Augenlaser lässt einen Traum wahr werden.» Die Methode sei die sicherste Augenoperation. Die 45-Jährige entschied, in der Augenklinik ihr rechtes Auge lasern zu lassen. «Ich wollte von meinem Minus weg.»
Doch alles wurde nur schlimmer. Nach der Operation litt Pouchon unter starken Schmerzen. Zwei Nächte lang lag sie wach im Bett, weil ihr Auge «wie Feuer brannte». Tagsüber war es lichtempfindlich und tränte: «Es war, als stünde ich im Nebel.» Ihren Job als Produktvermarkterin im Detailhandel musste sie aufgeben. Auto fahren, Nägel schneiden, Zeitung lesen und sich schminken – das alles ging auf einmal nicht mehr. Mit dem rechten Auge sieht sie alles nur noch verschwommen.
Hornhaut abtragen gilt als veraltete Methode
Die Ärzte hatten bei ihr die Methode PRK angewandt, die photorefraktive Keratektomie. Mit Hilfe eines Lasers trägt der Arzt Gewebe an der Oberfläche der Hornhaut ab. Die Methode ist unter Fachleuten umstritten. Sie gilt als veraltet und kann erhebliche Nebenwirkungen haben. Für die Operateure ist es schwierig, die exakte Korrektur der Augen zu treffen: Die Patienten haben nachher oft Schmerzen und eine getrübte Sicht wie durch einen Dunstschleier. Zu diesem Schluss kommt eine Übersichtsstudie der Universität Rom. Die Forscher sichteten 80 Untersuchungsberichte. Die Ergebnisse veröffentlichten sie 2019 im Fachmagazin «Clinical Ophthalmology».
Modernere Verfahren verdrängen die PRK zunehmend. Am häufigsten wenden die Ärzte heute die Lasik-Methode an. Dabei schneidet der Arzt ein Fenster in die Hornhaut, klappt es auf die Seite, entfernt mit einem Laser darunter liegende Hornhaut und klappt das Fenster wieder zu. Aber: Auch diese Behandlungsmethode hat ihre Tücken. So berichtet etwa die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft von Patienten, die nach der Operation unter trockenen und brennenden Augen sowie schlechter Nachtsicht litten. Bei fast allen verschwanden die Beschwerden aber wieder.
Fast die Hälfte leidet nach der Operation unter Sehstörungen
Die US-amerikanische Zulassungsbehörde für Lebens- und Arzneimittelsicherheit fand 2017 in zwei Studien heraus, dass von rund 600 Patienten fast die Hälfte nach der Operation unter einer zusätzlichen Sehstörung litten. Am häufigsten sahen die Operierten sogenannte Lichthöfe – verschwommene Lichtringe rund um helle Objekte. Die Resultate veröffentlichte das Fachblatt «Jama Ophthalmology».
Einige Augenkliniken versprechen sich von der Methode Femto-Lasik weniger Komplikationen. Während bei der konventionellen Lasik-Behandlung die Hornhaut mit einem Skalpell aufgeschnitten wird, öffnen Ärzte die Hornhaut bei der Femto-Lasik mit einem Laser.
Vor- und Nachteile einer Operation gut abwägen
Isaak Schipper, ehemaliger Chefarzt der Augenklinik im Luzerner Kantonsspital, sagt: «Alle Laseroperationen können zu Komplikationen und selten auch zu einer verschlechterten Sicht führen.» Jeder Patient solle sich darum gut überlegen, ob und welche Operation er wünscht. Auch müsse er den Vorteil der Brillenfreiheit und den Nachteil von möglichen Komplikationen abwägen.
Alissa Pouchon liess sich neun Monate nach dem ersten Eingriff in einer anderen Klinik erneut operieren. «Nach dieser Operation ging es mir besser, aber noch immer nicht gut.» Kürzlich liess sie das rechte Auge zum dritten Mal korrigieren. Ihre Sehkraft ist nun immer noch eingeschränkt, doch die Aargauerin kann wieder arbeiten. Weiter lasern dürfen die Ärzte das Auge aber nicht: Die Hornhaut ist mittlerweile zu dünn geworden.
Das sollte man bedenken, bevor man sich für den Eingriff entscheidet
- Die Operation ist irreversibel: Prüfen Sie vor dem Eingriff alle Alternativen.
- Ein Lasereingriff kann Sinn machen, wenn Sie weder Kontaktlinsen noch Brille verwenden können, zum Beispiel aus beruflichen Gründen.
- Patienten, deren Hornhaut bereits dünn ist, sollten aufs Lasern verzichten.
- Die Hornhaut kann sich nach der Operation zurückbilden, dann brauchen Sie wieder eine Brille. Spätestens wenn
- Sie altersichtig sind, brauchen Ihre gelaserten Augen ebenfalls wieder eine Brille.
- Machen Sie den Eingriff nur, wenn die Dioptrienzahl zwei Jahre stabil ist. Vermeiden Sie den Eingriff bei Weitsichtigkeit über 1,5 Dioptrien und bei Kurzsichtigkeit ab 5 Dioptrien.
- Verzichten Sie auf einen Eingriff, wenn Sie jünger als 18 Jahre sind. Ihre Augen befinden sich noch im Wachstum.
- Verzichten Sie auf den Eingriff, wenn Sie Rheuma oder Diabetes haben. Die Fähigkeit des Auges, sich nach einem operativen Eingriff wieder vollständig zu erholen, kann in beiden Fällen eingeschränkt sein.
- Verzichten Sie auch aufs Lasern, wenn Sie schwanger sind oder Ihr Kind stillen. Bei der Schwangerschaft und beim Stillen kommt es zu hormonellen Veränderungen im Körper, die oft auch die Sehkraft beeinflussen.
- Verzichten Sie auf eine Operation, wenn ein grauer oder grüner Star droht. Bei diesen Augenleiden kann sich die Netzhaut verändern.