Egal ob im Zug, in der Schule oder beim Einkaufen: Überall gibts heute Überwachungskameras. Die SBB filmen die Passagiere in allen Regio­nalverkehrszügen. Die Zürcher Hochschule der Künste überwacht Museumsgänger und Schüler mit nicht weniger als 70 Kameras. Die Stadt Zürich hat allein in 25 Schulhäusern 691 Kameras im Einsatz. Diese sind allerdings gemäss Reglement für den Einsatz von Videoüberwachung in Schulanlagen nur ausserhalb der Schul­zeiten im Einsatz. 

«Die Sicherheit wird durch Videokameras nicht erhöht»

Laut dem Zürcher Datenschutzbeauftragten Bruno Baeriswyl steigt die Zahl der Kameras, weil die Überwachungstechnik massiv günstiger geworden ist. 

Der eidgenössische Datenschützer muss sich zunehmend mit Beschwerden von Bürgern auseinandersetzen, weil Restaurants ihre Gäste überwachen oder die Eingangskameras von Hausbesitzern das Nachbargrundstück mitfilmen. 

Der Nutzen der Videoüberwachung ist fraglich. Datenschützer Bruno Baeriswyl sagt: «Die Sicherheit wird durch Videoüber­wachung nicht erhöht, die Systeme können lediglich bei der Aufklärung von Straftaten helfen.» Kameras würden deshalb eine Sicherheit vorspiegeln, die es nicht gebe. 

Auch die Migros ist skeptisch: «Der Nachweis, dass die Diebstahlquote durch Kameras gesenkt werden konnte, lässt sich nur schwer erbringen», sagt Sprecher Luzi Weber. In ­welchen Migros-Filialen Kameras eingesetzt werden, entscheiden die Migros-Genossenschaften selbständig. In einzelnen Regionen sind alle Läden mit Kameras ausgerüstet, in anderen nur ein Viertel. Genaueres gibt die Migros nicht bekannt. Denner überwacht laut eigenen Angaben seit sechs Monaten rund 10 Prozent der Läden. Ob es deshalb in diesen Filialen zu weniger Diebstählen komme, weiss man laut einem Unternehmenssprecher noch nicht.

Wichtig zu wissen: Rechtlich liegt ein Eingriff in die Privatsphäre vor, sobald auf Videoaufnahmen Personen erkennbar sind. Die Überwacher müssen sich deshalb an das Datenschutzgesetz halten. Dieses verlangt, dass alle Personen, die das Aufnahmefeld von Kameras betreten, darüber mit einem gut sichtbaren Hinweisschild informiert werden müssen. Datenschützer Baeriswyl stellt aber fest: «Unternehmen und private ­Kamerabetreiber ignorieren die Hinweispflicht oft. Vielfach fehlt die vor­geschrie­ben Kennzeichnung.» 

UBS, Credit Suisse, Valiant und Kinderspital informieren nicht

saldo machte eine Stichprobe und liess sich an 20 Orten in Bern und Zürich von Überwachungskameras von Unternehmen und öffentlichen Institutionen filmen (siehe Tabelle). Das Fazit bestätigt Baeriswyls Einschätzung: Jede vierte Überwachungsanlage läuft ohne sichtbaren Hinweis. 30 Prozent der Kamerabetreiber informieren die Besucher nicht korrekt (siehe PDF). 

Konkret: Bei den Banken UBS, Credit Suisse und Valiant sind nirgends Hinweise auf die Überwachung zu finden. Auch beim Kinderspital Zürich fehlt am Haupteingang und in der Empfangshalle eine entsprechende Warnung. Starbucks versteckt den vorgeschriebenen Hinweis auf Fusshöhe, was laut dem eidgenössischen Datenschützer nicht genügt. Und Sunrise weist am Eingang auf Kameras hin, die es gar nicht gibt. Das sei eine Irreführung der Kunden, heisst es dazu beim Datenschutzbeauftragten.

Wenig Einsicht bei den fehlbaren Unternehmen

Banken und Starbucks zeigen sich auf Nachfrage von saldo uneinsichtig: Die UBS und Valiant argumentieren, es sei branchenüblich, dass Banken an Standorten mit Publikums­verkehr Video­über­wach­ungs­­anlagen betreiben. Deshalb müssten die Kunden damit rechnen, in einer Bank gefilmt zu werden. Folglich seien Hinweise auf Videokameras nicht notwendig. Ein Credit-Suisse-Sprecher will ­sich nicht zur Videoüber­wachung in den Geschäftsstellen äussern. Man halte sich beim Einsatz von Videokameras an die geltenden Gesetze. Starbucks äussert sich ebenfalls nicht dazu, dass die Hinweisschilder bei beiden Eingängen auf Fusshöhe versteckt sind. Man habe nur wenige Filialen mit Videokameras ausgerüstet und halte sich an die Gesetze, behauptet das Unternehmen. 

Eine Sprecherin des Zürcher Kinderspitals sagt, der Hinweis beim Haupteingang sei im Anschluss an Reinigungsarbeiten versehentlich nicht mehr angebracht worden. 

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