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- Vier ausländische Hersteller dominieren Markt mit Impfungen
- «Die Schweiz braucht eine eigene Impfstoffproduktion»
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Aktuell fehlen in der Schweiz neun Impfstoffe, darunter das Präparat Poliorix gegen Kinderlähmung oder der Tollwutimpfstoff Merieux. Das geht aus der Homepage des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung hervor. Im vergangenen Jahr fehlten in der Schweiz vorübergehend 20 Impfstoffe. Im Jahr zuvor waren es 15. Grund: Nur vier Konzerne dominieren heute den weltweiten Impfstoffmarkt (siehe Kasten). Wird ein Impfstoff weltweit knapp, s...
Vier ausländische Hersteller dominieren Markt mit Impfungen
In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr 2,7 Millionen Impfdosen für insgesamt 128 Millionen Franken verkauft. Davon entfielen 73 Millionen Franken Umsatz auf den britischen Konzern Glaxo-Smith-Kline, 48 Millionen Franken auf das US-amerikanische Unternehmen Pfizer und knapp 5 Millionen auf den französischen Hersteller Sanofi. Die US-Firma MSD Merck machte 1,6 Millionen Franken Umsatz. Das ergibt sich aus den Tarifpoolzahlen der Marktforschungsfirma Sasis AG.
«Die Schweiz braucht eine eigene Impfstoffproduktion»
Marcel Tanner hat Malaria-impfstoffe mitentwickelt, war Direktor des Schweizer Tropen- und Public-Health-Instituts und ist Präsident der Akademien der Wissen-schaften. Der 68-jährige Basler hält einen raschen Wiedereinstieg der Schweiz in die Impfstoffherstellung für «sehr dringlich».
saldo:War es ein Fehler, dass die Schweiz die Berna Biotech AG aufgab?
Marcel Tanner: Aus heutiger Sicht ja. Eine inländische Firma könnte schnell in die Produktion des neuen Impfstoffs einsteigen. Die Wege wären kürzer. Das hätte man mitbedenken müssen, als man Berna Biotech aufgab. Die Schweiz braucht eine eigene Impfstoffproduktion.
Weltweit suchen rund 80 Forschergruppen nach einem Coronaimpfstoff. Ist so eine sinnvolle Kooperation möglich?
Ja. Es ist immer von Vorteil, verschiedene Optionen zu prüfen. Aber man muss miteinander statt gegeneinander arbeiten. Wir müssen das fördern. Bei der Vergabe von Forschungsgeldern könnte man etwa stärker berücksichtigen, wie effizient Forscher zusammenarbeiten. Leider wird oft das Gegenteil praktiziert. Die Wissenschaftsmagazine «Science» und «Nature» verboten etwa Ebolaforschern, die bei ihnen veröffentlichten, ihre Arbeiten vorher offen miteinander auszutauschen. Das ist bedenklich.
Wann wird ein Coronaimpfstoff einsatzbereit sein?
Frühestens in 12 bis 18 Monaten, wenn alles optimal läuft. Normalerweise dauert die Entwicklung 5 bis
7 Jahre. Manches lässt sich aber beschleunigen. Als wir einen ersten Impfstoff gegen Malaria entwickelten, führten wir einzelne Testphasen kontinuierlich und überlappend statt hintereinander durch. Behörden können ebenfalls schneller arbeiten. Entscheidend bleibt: Auch in Notsituationen müssen wir die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit eines Impfstoffs sorgfältig in klinischen Studien an Menschen prüfen.
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