Die Teuerung frisst das Ersparte weg, Rentenvermögen schmelzen wie Schnee an der Sonne. Hätte Aaron Sahr ein Musikalbum geschrieben – es wäre der perfekte Soundtrack zur aktuellen ­Inflationskrise. Auf über 440 Seiten beschreibt der deutsche Wirtschaftssoziologe in seinem neuen Buch «Die monetäre ­Maschine», wie die globalen Geldvorräte in den vergangenen Jahrzehnten schneller wuchsen als die Wirtschaft und welche Mechanismen zur Geldvernichtung führen. 

Aus seiner Sicht profitierten vor allem Spekulanten von der bisherigen Freiheit ­privater Banken, Geld zu schöpfen – etwa durch die Vergabe von Krediten. Das Geld landet nicht dort, wo es gebraucht wird: nämlich in der Realwirtschaft, wo es ­Arbeitsplätze schafft, oder bei der öffent­lichen Hand. Dem Staat mangelt es an Geld für den ­Ausbau des Gesundheitssystems, für neue ­digitale Infrastrukturen und für die Vorbereitung auf den Klimawandel.

Sahr ist ein Provokateur. Kompromisslos seziert er die unter der Mehrheit der Öko­nomen vorherrschende Meinung, dass Geld ein «blosses Tauschmittel» sei. Für den ­Autor ist Geld «nicht unschuldig und ­neutral, sondern im Kern politisch» – mit ­fatalen Folgen für die Gesellschaft: ­«Privatisiert» und dem ­staatlichen ­Zugriff entzogen, produziere Geld Reichtum für ­wenige statt Wohlstand für alle, schreibt Sahr. Sein Fazit: Die Geldflüsse müssten wie Strom oder Wasser als Teil der ­öffentlichen ­Infrastruktur betrachtet und zugunsten der unterfinanzierten ­Sozial- und Gesundheitssysteme «vergesellschaftet» und ­staatlich ­gelenkt werden.

Ein kühne Idee, die offenlässt, wie eine politisch gesteuerte Geldschöpfung konkret umgesetzt werden kann. Dennoch birgt das Buch einige lehrreiche und ­inspirierende Lesemomente.

Aaron Sahr, «Die monetäre ­Maschine. Eine Kritik der finanziellen ­Vernunft», C.H. Beck, München 2022, 447 Seiten, ca. 43 Franken