Nimm einfach Ricola»: So warb die Migros Anfang November im Migros-Magazin. Was dort nicht stand: Die Migros nimmt gleichzeitig zahlreiche Sorten der Eigenmarke Bonherba aus dem Sortiment – etwa die «Kräuterbonbons mit Honig». Die Kunden zahlen künftig mehr: Bonherba-Kräuterbonbons mit Honig kosteten Fr. 2.80 pro 100 Gramm, das Pendant von Ricola Fr. 4.25 – also über 50 Prozent mehr.
Im Internetforum der Migros äussern Kundinnen und Kunden ihren Unmut über die Umstellung. Eine Frau schrieb: «Gestern verteilten sie in der Migros grosszügig Gratismüsterli Ricola Kräuterbonbons zuckerfrei. Später stellte ich fest, dass die Bonherba Kräuterbonbons classique zuckerfrei praktisch aus den Regalen verschwunden sind.» Ein anderer schrieb: «Bitte Bonherba unbedingt wieder ins Sortiment aufnehmen!»
Die Migros beschwichtigt zwar, dass die «beliebtesten Bonherba-Produkte» im Sortiment bleiben würden. Allerdings ergab eine Stichprobe von saldo im Dezember: Die Sorte «Holunder ohne Zucker» etwa gab es nur noch in 42 von 100 überprüften Filialen, das teurere Ricola-Produkt hingegen war in 77 Filialen erhältlich.
Ganz verschwinden die Eigenmarken Gomz und Smams. Die Migros stellt stattdessen die Markenprodukte von Haribo und Sugus in die Regale. Auch das bedeutet für die Kunden höhere Preise: Eine Packung Smams-Kaubonbons (400 g) gabs für Fr. 4.70, eine Packung Sugus (400 g) kostet Fr. 5.10 – fast 10 Prozent mehr. Haribo-Gummibärli sind auf 100 Gramm gerechnet gar 50 Prozent teurer als die nicht mehr erhältlichen von Gomz.
Schleichender Ersatz der Eigenmarken wird schöngeredet
Die Migros versprach in einer Werbekampagne Ende Jahr: «Mehr Auswahl. Auch beim Preis.» Dazu zeigte sie jeweils ein Eigenprodukt und das teurere Markenprodukt (siehe Bild im PDF).
Doch oft haben die Kunden gar keine Wahl. Denn die günstigeren Migros-Produkte fehlen in vielen Filialen, wie die saldo-Stichprobe zeigte. So war etwa das Migros-Getränk Prego nur in 44 von 100 überprüften Filialen erhältlich, Rivella rot in allen 100. Und den Caffè Grande Latte Macchiato von Migros (Fr. –.55/100 ml) gab es nur in 68 Filialen, den fast doppelt so teuren Kaffee von Emmi (Fr. –.90/100 ml) in 88 Filialen. Vor allem in kleinen Läden stand eher das teurere Markenprodukt im Regal.
Die Migros beharrt auf Anfrage darauf, dass Kunden eine Auswahl hätten. Sie könnten die gewünschten Produkte auch online bestellen. Und weiter: «Gewisse Markenprodukte sind einfach sehr beliebt, entsprechend bieten wir diese auch an.»
Tipp: saldo und «K-Tipp» vergleichen regelmässig die Preise für Lebensmittel und Hygieneartikel bei den Detailhändlern. Eine «K-Tipp»-Auswertung von vier Warenkörben in den Jahren 2016 bis 2020 ergab: Lidl war am günstigsten. Aldi war 2 Prozent teurer als Lidl, Denner 10 Prozent, Migros 27 Prozent und Coop sogar 37 Prozent.
Migros verhindert Bericht zu Bio-Preisen
Preisüberwacher Stefan Meierhans wollte Ende Dezember einen Bericht zu «Preisen und Margen im (Bio-)Detailhandel» veröffentlichen. Gemäss einem Bericht des Schweizer Fernsehens verhinderte die Migros jedoch die Publikation. Der Grossverteiler sagt dazu nur, man stünde mit dem Preisüberwacher in Kontakt. Meierhans verwies auf «rechtliche Abklärungen».