Das Kantonsspital St. Gallen wirbt auf seiner Internetseite für die Eigenbluttherapie: Damit könne man Arthrose und weitere Gelenkkrankheiten lindern, so das Versprechen.
Bei der Eigenbluttherapie nehmen Ärzte den Patienten 15 Milliliter Blut ab und spalten es in einer Zentrifuge in seine einzelnen Bestandteile auf. Anschliessend spritzen sie das Blutplasma, das viele Blutplättchen enthält, direkt ins betroffene Gelenk. Das plättchenreiche Plasma soll die Beschwerden lindern, weil es das Zellwachstum und die Kollagenproduktion anrege.
«Ich halte nichts von dieser Therapiemethode»
Auch andere Kliniken bieten die Behandlung an. Gemäss dem Kantonsspital Winterthur hat die Therapie eine regenerative Wirkung. Und das Gelenkzentrum Zürich schreibt: «Heilung beschleunigen und verbessern, wo Heilung stattfinden kann!» Eine Behandlung kostet 150 bis 200 Franken. Meist braucht es laut den Anbietern mehrere Spritzen im Abstand von einigen Wochen oder Monaten.
Luzi Dubs, Facharzt für orthopädische Chirurgie aus Winterthur ZH, winkt ab: «Ich halte nichts von dieser Therapiemethode.» Ihr Nutzen sei wissenschaftlich nicht belegt. Bereits vor drei Jahren rieten Forscher in der Fachzeitung der US-Ärztevereinigung von der Eigenbluttherapie ab. Sie waren in einer Studie mit 300 Arthrosepatienten zum Schluss gekommen, dass eine Spritze mit Eigenblut gegenüber einer Kochsalzlösung keinen Vorteil habe.
Therapie kann lebensgefährliche Autoimmunreaktionen auslösen
Laut dem Zürcher Hausarzt Thomas Walser könne es zudem zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen. Dazu gehören zum Beispiel Entzündungen. Walser: «Sticht man mit einer Nadel in ein Gelenk, besteht immer die Gefahr einer Infektion.» Neben Entzündungen an der Einstichstelle sowie blauen Flecken kann die Behandlung auch lebensbedrohliche Autoimmunreaktionen auslösen.
Viele Kliniken empfehlen die Eigenbluttherapie auch bei Rissen in der Achillessehne, Haarausfall, Potenzproblemen und als «Vampir-Lifting» gegen Falten im Gesicht. Auch für diese Anwendungen ist der Nutzen nicht belegt (saldo 9/2020, «Gesundheitstipp» 2/2022).
Ärzte empfehlen bei Arthrose Bewegung. Der Rheumatologe Hans Dieter Hüllstrung aus Liestal sagt: «Zuallererst sollte man das Knie durch Muskelaufbau stabilisieren.» Das erhöhe die Belastbarkeit der Gelenke. Zudem werde der Knorpel durch Sport mit mehr Gelenkflüssigkeit und Nährstoffen versorgt. Am besten eignen sich gelenkschonende Sportarten wie Walking, Velofahren oder Schwimmen.
Wer trotzdem nach dem Training Schmerzen habe, sollte den Körper noch weniger belasten. «Übergewichtige Patienten sollten zudem abnehmen», sagt Hüllstrung. Überschüssige Kilos drücken zusätzlich aufs Gelenk. Die Pflanzenstoffe in Äpfeln, Beeren, Trauben, Peperoni, Rüebli, Tomaten oder Salat lindern zudem Entzündungen. Und Omega3-Fettsäuren in Fischen, Samen und Nüssen tun Patienten ebenfalls gut.
Akupunktur hilft bei Knieschmerzen
«Auch Behandlungen aus der Komplementärmedizin können helfen», sagt Hüllstrung. Dazu gehört beispielsweise die Akupunktur. Menschen mit Kniearthrose berichteten, dass sie nach der Nadelbehandlung weniger Schmerzen hatten. Gegen die Schmerzen helfen auch mentale Trainings wie Meditation, Atemübungen oder das bewusste Entspannen der Muskeln.
Das Kantonsspital Winterthur erklärt, es wende die Eigenbluttherapie seit acht Jahren mit Erfolg bei Kniearthrose an. In einzelnen Fällen nütze die Therapie aber nichts – vor allem wenn die Schmerzen nicht dem Gelenkraum entstammten, sondern den Bändern und Muskeln. Infektionen seien bei korrekter Handhabe äusserst selten.
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