Eine von vielen Börsenweisheiten lautet: «Sell in May and go away. But remember to come back in September.» Anleger sollen also ihre Aktien im Mai verkaufen und im September wieder neue Aktien erwerben. 

Was ist daran wahr? Ein Blick auf die Entwicklung wichtiger Aktienindizes in den vergangenen zwanzig Jahre zeigt: Die durchschnittliche Rendite vom November bis April war immer höher als von Mai bis Oktober. Der Swiss Performance Index (SPI) sank im Sommer um 0,3 Prozent und stieg im Winter um 7,9 Prozent. Der MSCI World verzeichnete im Sommer einen durchschnittlichen Verlust von 0,8 Prozent, im Winter einen Gewinn von 7 Prozent. 

Wie ist das erklärbar? Wirtschaftshistoriker bringen vor, dass die Bauern in den USA im Herbst ihre Ernten verkauften und einen Teil des Erlöses an der Börse anlegten. Diese erhöhte Nachfrage nach Wertpapieren trieb die Kurse in die Höhe. Banker sagen, dass sie ihren 13. Monatslohn Ende Dezember und den Bonus im Frühjahr erhalten. Deshalb hätten sie im Winterhalbjahr Geld für grosse Aktienkäufe zur Verfügung.  

Diese Annahmen können kaum verifiziert werden. Klar aber ist: Von einem langjährigen Durchschnittswert dürfen Anleger nicht auf ein Naturgesetz schliessen. Das zeigte sich 2018: Im Winter fiel der SPI deutlich – und diesen Sommer stieg er im Vergleich zum Winterhalbjahr um zehn Prozent. 

Deshalb: Aktien nur saisonal zu kaufen und zu verkaufen, ist nicht empfehlenswert. Zudem ist jeder Kauf und Verkauf von Wertschriften mit teilweise happigen Bankspesen verbunden. Diese muss man wieder mit Kursanstiegen hereinholen, bevor aus einem Kauf und Verkauf ein Gewinn resultiert.