Richard Huber (Name geändert) besitzt im Bündner Bergdorf Falera eine Ferienwohnung. Die Gemeinde ist Teil der Ferienregion «Flims Laax Falera Tourismus», liegt aber etwas höher als die beiden Touristenzentren. Es gibt keinen Durchgangsverkehr, und Autos haben nur mit einer Bewilligung Zufahrt. Huber geniesst die Ruhe und verbringt möglichst jede Winter- und Sommersaison in Falera.
Doch ein Sommer vor ein paar Jahren bleibt ihm in unguter Erinnerung. Statt das Bergpanorama vom Balkon aus zu geniessen, ärgerte er sich wochenlang über den Baulärm auf dem Nachbargrundstück. Das Baugesetz der Gemeinde regelt zwar, dass aus Lärmschutzgründen vom 20. Dezember bis Ende März keine Erdarbeiten vorgenommen werden dürfen. Aber ausserhalb der Wintersaison darf ohne Einschränkung gebaut werden.
In Zermatt VS, Gstaad/Saanen BE und den Bündner Gemeinden Arosa, Celerina, Pontresina, Samedan und Silvaplana hätte Huber seine Ruhe auch im Sommer geniessen können. Das sind Ferienorte, die aus Rücksicht auf ihre Feriengäste die Bautätigkeiten während der Winter- und Sommersaison stark einschränken oder ganz verbieten.
Am weitesten geht im Wallis Zermatt: Dort darf nur während zwei Monaten im Jahr gebaut werden. «In Anwendung der kommunalen Reglementsbestimmungen ist der Einsatz von Motorfahrzeugen, Baumaschinen sowie die Durchführung von Bohr-, Spreng- und Spitzarbeiten nur während folgenden Bauzeiten erlaubt: Montag, 4. Mai bis Freitag, 29. Mai, abends sowie am Donnerstag, 1. Oktober bis Mittwoch, 28. Oktober, abends», heisst es auf der Website der Gemeinde. Ob auch andere Walliser Dörfer die Bauarbeiten während der Feriensaison einschränken, konnte das kantonale Baudepartement nicht beantworten.
St. Moritz: Nur wenige Stunden Bauverbot
Im Berner Oberland ist wohl die Gemeinde Saanen, zu der auch Gstaad gehört, der einzige Ferienort, der Wert auf Schutz vor Baulärm legt. So sind von Mitte Juli bis Ende August und vom 20. Dezember bis Ende Februar «lärmintensive Bauarbeiten wie z.B. Ramm-, Pfähl-, Spreng-, Bohr-, Fräs- sowie Abbau- und Abbrucharbeiten nicht gestattet». Andere bekannte Bergdörfer wie Mürren, Grindelwald oder Zweisimmen haben keine entsprechenden Vorschriften.
Glück haben Ruhesuchende in Graubünden. Hier gibts mit Arosa, Celerina, Pontresina, Samedan und Silvaplana fünf Dörfer, die während der Sommer- und Wintersaison lärmige Bauarbeiten unterbinden. In Davos, Falera, Klosters, Lenzerheide und Zuoz herrscht immerhin im Winter weniger Baulärm.
«Mit Rücksicht auf den Tourismusbetrieb in der Gemeinde sind die bei Bauarbeiten im Freien entstehenden Emissionen auf das absolute Mindestmass zu beschränken», steht in der Lärmverordnung von Celerina. Folglich sind vom 20. Juli bis Ende August «Rammarbeiten, Abbrüche, Aushübe sowie jeglicher Transport von Aushubmaterial durch das Dorf verboten». Und ab Weihnachten bis Ende März dürfen keine offenen Baustellen betrieben werden.
In Samedan, Pontresina und Silvaplana gelten ähnliche Regelungen. St. Moritz hingegen schränkt die Bauarbeiten nur um ein paar Stunden ein: Beginn um 8 statt 7 Uhr, Ende 19 statt 20 Uhr. Im August ist das Zu- und Wegführen von Aushub- und Abbruchmaterial untersagt.
Die Ferienorte bewerben diesen Wettbewerbsvorteil nicht. Die Zermatter Gemeindepräsidentin Romy Biner erklärt: «Wir machen keine Werbung damit. Es fällt nur Stammgästen auf, die im Sommer und Winter kommen.» Den allermeisten Gemeinden in den Tourismusregionen aber scheint es egal zu sein, wenn sie die Stammgäste mit Baulärm vergraulen.