Krasimira Delcheva und Ivaylo Mihaylov – ­beide 38-jährig – lernten sich vor zehn Jahren während ihrer kaufmännischen Ausbildung in der nordbulgarischen Stadt Veliko Tarnovo kennen. Ihr Beruf führte sie in den Süden des Landes – nach Dimitrovgrad, rund 80 Kilometer entfernt von der Grenze zur Türkei und zu Griechenland. Die Industriestadt, in der rund 35 000 Einwohner leben, entstand 1947 am Reissbrett. Das zeigt sich im Stadtbild mit den breiten Strassen, grossen Parks und Gebäuden im Stil des sozialistischen Realismus. 

Delcheva und Mihaylov arbeiten als Sachbearbeiter für ein Meinungsforschungsunternehmen. Sie leben mit ihren beiden Töchtern Joana (10) und Dariya (6) in einer kleinen Wohnung, die ihnen gehört. Neun von zehn bulgarischen Familien sind Eigentümer der Wohnung, in der sie leben.

Finanzielle Situation

Haushaltseinkommen: 1650 Franken pro Monat

Kosten fürs Wohnen: 66 Franken für die Nebenkosten

Kosten für Krankenversicherung: 55 Franken pro Monat

Steuern: 4900 Franken pro Jahr

Sind Sie mit Ihrer Wohnsituation zufrieden?

Krasimira: Ja. Wir besitzen eine eigene kleine Wohnung, für die wir lange hart sparen mussten. In einer grösseren Stadt hätten wir uns das nie leisten können.

Was gibt es heute zum Abendessen?

Krasimira: Kalbfleischbällchen mit Ratatouille.

Was sind Sie von Beruf?

Ivaylo: Wir arbeiten für eine Meinungsfor­schungsfirma. Wir sammeln Berichte über Unternehmen und dokumentieren diese. 

Wie lange dauert Ihre Fahrt zur Arbeit?

Krasimira: Wir arbeiten von zu Hause aus. 

Wie lange dauert Ihr Arbeitstag?

Ivaylo: Rund 8 bis 9 Stunden.

Krasimira: Ich arbeite meist nur 5 Stunden pro Tag und betreue in der verbleibenden Zeit die Kinder. 

Wo verbrachten Sie Ihre letzten Ferien?

Ivaylo: Wir besuchten vor zwei Jahren die Rhodopen. Das ist ein bewaldetes Gebirge an der Grenze zu Griechenland. Ein wunderschönes Stück Natur.

Können Sie Geld sparen?

Krasimira: Wir versuchen hie und da, etwas Geld für eine Auslandreise zur Seite zu legen.

Welchen Luxus leisten Sie sich?

Ivaylo: Dafür haben wir zu wenig Geld. Für uns sind die Arbeiten an der Wohnung der einzige Luxus. Wir sind gerade daran, das Dach­geschoss auszubauen. 

Wie hat die Coronakrise Ihren Alltag ­verändert?

Ivaylo: Es war ein grosser Einschnitt, da wir beide nun zu Hause arbeiten. Wir konnten fast ein Jahr lang kaum Ausflüge machen. Unsere Kinder litten am meisten. Sie mussten oft den ganzen Tag zu Hause bleiben und durften nicht einmal an Geburtstags­festen teilnehmen. Heute haben wir mehr Bewe­gungs­freiheit – der Ausnahmezustand gilt aber noch bis Ende November.