Klimawandel, Artensterben, Umweltverschmutzung – der Bücherberg zur Ökokrise wächst wöchentlich. Auch Ulrich Eberls Buch widmet sich dem Thema. Anders als andere Autoren ver­zichtet der deutsche Biophysiker aber auf Alarmismus und Untergangsszenarien. ­Anschaulich erklärt er, welche umwelt­schonenden Techniken in den weltweit ­führenden Labors entwickelt werden. Der Überblick zeigt: Die Chancen für eine Klimawende sind gross. Zum Beispiel dank ­pflanzlich hergestellter Kunststoffe, kohlenstofffreier Energieträger, abfallarmer ­Produktionsformen, neuer ­Baustoffe, die den Klimatreiber Beton ersetzen – oder Häusern, die nach dem Prinzip von Termitenbauten gekühlt werden.

Im Schlusskapitel gibts noch ein wenig Mathematik: Eberl bringt die sogenannte Sigmoidfunktion ins Spiel, um zu berechnen, ob die Menschheit die Umweltkrise ­bewältigen kann. Man muss diese Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht im Detail verstehen. Der springende Punkt ist: Die  «Überlebensformel» geht auf – falls rasch gehandelt wird. Und es gibt Grund zur ­Hoffnung: Denn genauso, wie sich die ­Kipp­elemente im Klimasystem der Erde wie ­Dominosteine verhalten, gibt es gemäss Eberl auch «soziale Kippmechanismen», die Umbrüche beschleunigen. So würden sich global tätige Konzerne wie etwa die Erdölmultis Chevron und Exxon Mobil oder der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock in ihren Strategiepapieren bereits heute auf die künftige «klimaneutrale Wirtschaft» vorbereiten. Mit dem «Verfeuern von Kohle, Öl und Gas» sei es ähnlich wie vor noch nicht allzu langer Zeit mit dem Rauchen im Restaurant, schreibt der Autor: Es braucht zwar eine gewisse Zeit, bis eine Mehrheit der Menschen solche Praktiken «als un­moralisch» betrachtet. Doch dann kippen die Dominosteine schlagartig um.

Ulrich Eberl, «Unsere Überlebensformel», 416 Seiten, Piper, München 2022, ca. 30 Franken