Guter Service statt hohe Gewinne: Dieses Prinzip soll laut der Volksiniative «Pro Service public» bei allen Bundesbetrieben gelten, die mit der Grundversorgung des Landes beauftragt sind. Die Initiative wurde letztes Jahr eingereicht. Über 120 000 Bürgerinnen und Bürger haben sie unterschrieben. 

Jetzt durchläuft die Initiative den Parcours der par­lamentarischen Beratungen. Diese Woche kommt sie vor den Ständerat. Schon jetzt ist absehbar, dass die Kantonsvertreter die Initiative zur Ablehnung empfehlen werden. Das zeigte sich in der vorberatenden Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Das Hauptargument der Ständeherren: Die Initiative «schränkt die unternehmerische Freiheit der Bundesbetriebe ein und würde so deren Konkurrenzfähigkeit schwächen».

Auffallend: Das ist exakt auch die Argumentation des Bundesrats in seiner Botschaft zur Initiative, die er im Mai veröffentlichte: 

  • Argument «unternehmerische Freiheit»: In der Botschaft steht, die Initiative würde die «unternehmerische Freiheit der betroffe­nen Unternehmen deutlich einschränken». Das ist teilweise richtig: Heute streben die Unternehmen nach möglichst viel Gewinn. Deshalb sind etwa die Preise der Swisscom im Vergleich mit dem Ausland rekordhoch. Auch die Post macht fast Jahr für Jahr gegen eine Milliarde Franken Gewinn. Sogar die SBB AG schreibt seit Jahren mehrere hundert Millionen Franken Gewinn. 

Wohlverstanden: Die Initiative verbietet es den Bundesunternehmen nicht, Gewinne zu erzielen. Nur das Streben nach möglichst hohen Gewinnen soll ausgeschlossen sein. Wenn Gewinne anfallen, sind diese zur Bildung von Reserven und für den Ausgleich von Verlusten zu verwenden. 

  • Argument «Konkurrenz­fähigkeit»: Wie die Kommission befürchtet auch der Bundesrat, dass die Bundesunternehmen künftig weniger konkurrenzfähig wären. Das ist Augenwischerei. Die SBB sind weitgehend ein Monopolbetrieb, Konkurrenz gibts fast nur im Güterverkehr. Die Post hat das ­Monopol auf Briefe bis 50 Gramm – das macht rund 87 Prozent des Briefverkehrs aus. Die Swisscom ist mit grossem Vorsprung Marktführerin im Bereich der Telefonie. Nicht zuletzt, weil sie das von den Bürgern bezahlte Telefonnetz der PTT übernehmen konnte.  

Im Jahr 2013 flossen laut Bundesrat von bundesnahen Betrieben total 1,22 Milliarden aus Gewinnsteuereinnahmen und -ausschüttungen in die Kassen von Bund, Kantonen und Gemeinden. In der Botschaft wird gewarnt, dass sich diese Einnahmen mit Annahme der Initiative reduzieren würden. Damit gibt der Bundesrat zu, dass er über die Bundesunternehmen fiskalische Interessen verfolgt. Das ist verfassungswidrig. Jede Steuer des Bundes verlangt nach einer verfassungsmässigen Grundlage. 

Der Bundesrat schreibt in seiner Botschaft, die von den Unternehmen ausgeschütteten Gewinne seien für den Bund Gegenwert für das nicht zuletzt aus Steuermitteln investierte Kapital. Das Kapital, das der Bund dereinst SBB, Post und Swisscom zur Verfügung gestellt hat, brachten jedoch die Steuerzahler auf – jetzt müssen sie als Konsu­men­ten darauf noch ­einen Zins zahlen! 

Die Initiative fordert zudem: Kein SBB-, Swisscom-oder Post-Chef soll mehr verdienen als ein Bundesrat. Auch hier beklagt die Botschaft einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Wenn die Bundes­unterneh­men ihr Lohngefüge an jenes der Bundesverwaltung anpassen müssten, sei es schwieriger, gute Mitarbeiter zu finden – obwohl das Lohnniveau der Bundesverwaltung bereits heute über jenem der Privatwirtschaft liegt. Der Bundesrat ist offenbar der Ansicht, dass die Qualifikation der Manager vom Lohn abhängt.