Die Pair Finance GmbH ist seit 2023 in der Schweiz tätig – unter anderem für Zalando, Home24 und Douglas. Viele Leser beklagten sich bei saldo über überrissene Forderungen, schlechten Kundendienst und Mahnungen im Wochentakt.
Peter Kästner (Name geändert) aus Weisslingen ZH etwa bestellte bei Zalando im Juli letzten Jahres Kleider und war mit seiner Zahlung zu spät dran. Zalando übergab den Fall an Pair Finance. Ende Oktober bezahlte Kästner den fälligen Betrag direkt an Zalando – inklusive Mahngebühren und einem Verzugszins von 5 Prozent.
Zalando schrieb ihm: «Alles erledigt. Du hast nichts weiter zu begleichen.» Pair Finance sah das anders und stellte ihm zusätzlich «Inkassokosten (für allgemeine Geschäftstätigkeit)» von 110 Franken in Rechnung.
Solche Kosten sind nicht geschuldet, es gibt dafür keine rechtliche Grundlage («K-Tipp» 17/2021). Peter Kästner bezahlte die Forderung deshalb nicht. Pair Finance schickte ihm daraufhin während drei Monaten pro Woche bis zu zwei E-Mails mit der Aufforderung, er solle den offenen Betrag begleichen.
Dabei baute die Inkassofirma immer mehr Druck auf. Zuerst schrieb sie, es werde noch keine «gerichtliche Einleitung» geben. Sollte Kästner aber nicht zahlen, werde die «Rechtsabteilung» eine Betreibung erneut prüfen. Mit immer neuen Terminen versuchte Pair Finance, den Zürcher zur Zahlung zu bewegen.
Der Ton verschärfte sich: Fettgedruckt schrieb die Firma ihm, man werde am 14. November 2024 die Einleitung einer Betreibung prüfen. Das könne «zahlreiche Folgen» für ihn haben. So würde seine Betreibung im Betreibungsregister vermerkt, auch ein Rechtsvorschlag beseitige den Eintrag nicht. Und: «Ein Betreibungsauszug muss bei der Miete einer Wohnung dem Vermieter ausgehändigt werden.»
Pair Finance schrieb weiter: «Würde die Betreibung fortgesetzt, kann das Betreibungsamt einen Teil des Einkommens sowie vorhandene Gegenstände oder Grundstücke pfänden. Wird Ihr Lohn gepfändet, wird gar Ihr Arbeitgeber über die Pfändung informiert.» Er habe nun noch eine «letzte Möglichkeit», eine Betreibung zu verhindern.
Trotz fehlender Rechtsgrundlage bleibt die Inkassofirma stur
Kästner weigerte sich weiterhin, die unberechtigte Forderung zu bezahlen. Am 5. Dezember erhielt er ein E-Mail mit dem Betreff: «Letztmalige Zahlungsaufforderung und Ankündigung rechtlicher Schritte». Inzwischen wollte die Firma Fr. 112.13 und teilte ihm mit, man werde die Betreibung nun «final prüfen». Kästner schrieb Pair Finance, dass er diese Fantasiegebühren nicht bezahlen werde, die Sache sei für ihn erledigt. Er wies auch auf die fehlende Rechtsgrundlage hin.
Trotzdem erhielt er am 25. Dezember wieder ein E-Mail, er solle den Betrag bezahlen. Der Mitarbeiter behauptete: «Wir berechnen für unsere Tätigkeit nur Kosten, die uns tatsächlich angefallen sind.» Erst als sich saldo bei Pair Finance meldete, lenkte diese ein. Pair Finance schrieb saldo, man hätte in Kästners Fall besser reagieren müssen. Man werde den Kundensupport besser schulen. Das Dossier sei geschlossen.
Das gilt bei Inkassoforderungen
Verzugszins ist erst ab Empfang einer Mahnung geschuldet. Ist vertraglich nichts abgemacht, darf dieser maximal 5 Prozent der Forderung betragen. Eine Mahngebühr ist nur geschuldet, wenn eine solche vertraglich ausdrücklich und betragsmässig vereinbart ist. Nicht geschuldet sind Kosten von Inkassounternehmen.
Auf der Internetseite von saldo gibt es einen Musterbrief, mit welchem man sich gegen unberechtigte Inkassoforderungen wehren kann.
Leitet eine Firma eine Betreibung ein, kann man diese innert zehn Tagen per Rechtsvorschlag stoppen. Das geht beim Pöstler beim Empfang des Zahlungsbefehls persönlich, beim Betreibungsamt oder mit dem saldoMusterbrief «Rechtsvorschlag».