Die Zukunft habe begonnen, schreibt Zahnarzt Jens Tartsch aus Kilchberg ZH auf seiner Internetseite. Er meint damit Untersuchungen mit der digitalen Volumentomografie (DVT). Das Gerät stellt mit Röntgenstrahlen ein dreidimensionales Bild von Zähnen und Kiefer her. Das soll «die Diagnostik revolutionieren», schreibt Zahnarzt Tartsch.
Auch die Praxen von Alpine Biodental in St. Gallen und Winterthur ZH werben im Internet mit den Vorteilen des 3D-Röntgens: Damit liessen sich unter anderem entzündete Knochen, Karies und Parodontitis «sehr gut erkennen». Parodontitis ist eine Entzündung unter dem Rand des Zahnfleischs.
Ein 3D-Röntgenbild kostet 400 bis 500 Franken
Immer mehr Zahnärzte bieten in ihrer Praxis das 3D-Röntgen an: Laut dem Bundesamt für Gesundheit sind zurzeit in der Schweiz 1065 Geräte in Betrieb. Vor zehn Jahren waren es erst 293. Kostenpunkt für eine 3D-Aufnahme: 400 bis 500 Franken. Zum Vergleich: Ein normales Röntgenbild vom Zahnarzt kostet 20 bis 25 Franken.
Fachleute kritisieren den Umgang mit dem neuen Gerät als Geschäftemacherei. Zahnarzt Alfred Wiesbauer aus Cham ZG sagt: «Einige Praxen nutzen das 3D-Röntgengerät, um zusätzlichen Umsatz zu generieren.» Auch Zahnarzt Peter Frei aus Sursee LU weiss: «Die Versuchung für einen Zahnarzt ist gross, das teure Gerät häufiger anzuwenden, als es sinnvoll ist.»
Schon vor einigen Jahren äusserten Experten in der Fachzeitschrift «Swiss Dental Journal» eine «wachsende Besorgnis über eine rasch und unkritisch zunehmende Anwendung» des 3D-Röntgens. Denn oft sind die teuren Bilder für die Patienten nutzlos. Das Verfahren bringt weder bei der Diagnose von Karies noch Parodontitis Vorteile.
Kaum Nutzen beim Entfernen von Weisheitszähnen
Gemäss der deutschen Leitlinie für Zahnärzte bringt das 3D-Röntgen auch beim Entfernen von Weisheitszähnen kaum einen Nutzen. Es komme dadurch nicht seltener zu dauerhaften Schäden an Nerven.
Laut Alfred Wiesbauer braucht es auch keine 3D-Bilder, um den Sitz eines Implantats oder eine unproblematische Wurzelbehandlung zu kontrollieren. «Das dient nur der Kasse des Zahnarzts», sagt Zahnarzt Wiesbauer. Eine Wurzelbehandlung machen Zahnärzte, wenn es Entzündungen und Schäden im Bereich der Zahnwurzel hat.
Für Alfred Wiesbauer ist klar: «Ein erfahrener Zahnarzt kann auch ohne 3D-Bilder in den meisten Fällen anhand vieler kleiner Details die richtigen Schlüsse ziehen.» Fehle einem Zahnarzt die Erfahrung, dann würden die Bilder dies nicht wettmachen. 3D-Röntgen ist nicht nur weitgehend nutzlos und teuer. Die Diagnosemethode belastet den Körper der Patienten auch mit viel Strahlung. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit sind es im Durchschnitt rund 200 Mikrosievert. Zum Vergleich: Bei einem herkömmlichen Einzelbild beträgt die Strahlung nur 1 bis 5 Mikrosievert.
Zahnarzt Peter Zuber aus Winterthur ZH bestätigt: «3D-Aufnahmen verursachen mehr Strahlung als alle anderen Röntgenbilder.» Man dürfe sie deshalb nur dann machen, wenn eine gründliche Untersuchung und die zweidimensionalen Bilder zu wenige Informationen für die geplante Therapie geben. Unbestritten ist das dreidimensionale Röntgenverfahren bei komplexen chirurgischen Eingriffen oder beim Planen eines Zahnersatzes mit Implantaten.
Tipps für den Zahnarztbesuch
- Fragen Sie den Zahnarzt nach Gründen, Kosten und diagnostischen Alternativen, wenn er 3D-Röntgenbilder von Ihren Zähnen machen will.
- Für die Karieskontrolle muss man nicht jedes Jahr röntgen. Bei gut gepflegten Zähnen kann man zwei, drei oder mehr Jahre warten.
- Wählen Sie einen Zahnarzt, der Mitglied der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft ist. Sie schlichtet, falls Sie mit dem Zahnarzt einen Konflikt haben.
- Falls Sie den Zahnarzt wechseln möchten: Lassen Sie sich die gemachten Röntgenbilder mitgeben.