Beatrice Walthert aus Allschwil BL musste sich vor rund einem Jahr einer Knieoperation unterziehen. Die folgenden Monate sass sie im Rollstuhl und war auf einen Behindertentransport angewiesen. Dabei kommen spezielle Fahrzeuge zum Einsatz. Sie haben hinten eine rollstuhlgängige Rampe.
Die 76-Jährige bestellte Fahrten bei drei Unternehmen: der IVB Behindertenselbsthilfe beider Basel, der Mobimed und der MTS Patiententransport GmbH. Sie brachten Walthert zum Arzt, in die Orthopädiepraxis oder zum Coiffeur. Die Frau staunte über die extrem hohen Kosten: Für eine Strecke von 1,6 Kilometern zu einer Orthopädiepraxis in Allschwil verlangte die IVB 110 Franken.
In einem Jahr 4000 Franken für ein paar kurze Fahrten
Auch die Firmen Mobimed und MTS Patiententransport GmbH wollten für Fahrten, die zwischen einem und knapp fünf Kilometer lang waren, 110 Franken pro Weg. Innert eines Jahres kamen für Walthert Kosten von rund 4000 Franken zusammen.
Die Invaliden-Vereinigung Basel schreibt saldo, die Kundin habe nie reklamiert oder nachgefragt, ob es eine günstigere Möglichkeit gebe. Mobimed und MTS Patiententransport GmbH schreiben, sie würden Patiententransporte nur mit medizinisch geschulten Fahrern durchführen. Laut Mobimed habe Beatrice Walthert betreut werden müssen. Alle drei Transporteure halten fest, sie würden sich an den Tarifvertrag mit den Krankenkassen halten. Allerdings übernehmen die Kassen bei nicht dringenden Transporten von Grundversicherten maximal 500 Franken pro Jahr.
Beatrice Walthert kann mittlerweile aus dem Rollstuhl aufstehen. Sie fand einen Taxifahrer, der sie im vierten Stock abholt, ihr ins Auto hilft und den Rollstuhl im Kofferraum verstaut – für dieselben Fahrten verlangt er nur rund 30 Franken.
In Zürich kostet die Fahrt nicht mehr als ein Trambillett
Die hohen Preise sind Behindertenorganisationen ein Dorn im Auge. Caroline Hess-Klein von Inclusion Handicap sagt: «Wir brauchen dringend eine landesweite Lösung mit gerechten Tarifen für alle.»
Die Stadt Zürich geht mit gutem Beispiel voran. Die Stiftung Behinderten-Transporte Zürich fährt innerhalb der Stadt für pauschal Fr. 4.40 – das entspricht dem Preis eines Trambilletts. Möglich ist das, weil die Stadt jährlich 3 Millionen Franken Subventionen zahlt. Der Kanton Zürich unterstützt Behindertentransporte mit gut 8 Millionen Franken pro Jahr. Die Kantone Bern (5,8 Millionen) und Basel-Stadt (1,9) zahlen ebenfalls Beiträge in Millionenhöhe. Diese Gelder fliessen an Organisationen, die dann die Fahrten vergünstigt anbieten. Weniger Unterstützung leisten die Kantone Luzern (425 000 Franken), Graubünden (150 000) und Schwyz (20 000). Die Kantone Aargau, Appenzell-Ausserrhoden und Glarus zahlen gar nichts.
Tipp: Regionale Tariflisten gibts nicht. Beratung zum Thema Behindertentransport geben die Organisation Agile.ch und die Regionalsektionen des Verbands Procap (www.procap.ch).
Es gibt auch günstige Rollstuhltaxis
Wer auf ein rollstuhltaugliches Fahrzeug angewiesen ist, sollte unbedingt die Preise vergleichen. saldo hat für drei Strecken Offerten für einen Rollstuhltransport ohne medizinische Betreuung eingeholt. Fazit: Die Preisunterschiede sind gross.
Strecke 1: Von Suhr AG nach Oberentfelden AG (5 Kilometer): Die Firma Gautschi aus Gränichen AG offerierte eine Fahrt für 125 Franken. Im Kanton Aargau sind Rollstuhltransporte aber auch mit dem Roten Kreuz möglich. Preis: rund 15 Franken.
Strecke 2: Von Stans NW nach Luzern (15 Kilometer): Das Astro Taxi aus Stans verlangt dafür 100 Franken. Viel günstiger ist es beim Roten Kreuz Unterwalden: Pro Kilometer bezahlt man dort Fr. 1.50, total also Fr. 22.50.
Strecke 3: Von Abtwil SG nach Gossau SG (4 Kilometer): Rollstuhlfahrt.ch aus Gossau wollte für diese Strecke 50 Franken. Zum Vergleich: Auch der Verein Tixi St. Gallen organisiert in dieser Region Behindertentransporte. Für die angefragte Strecke zahlen Mitglieder 14 Franken. Die obligatorische Mitgliedschaft kostet 30 Franken pro Jahr.