Mit 904 Millionen Franken Gewinn verlief das Geschäftsjahr 2011 aus der Sicht der Konzernführung  einmal mehr sehr zufriedenstellend. Das Eigenkapital stockte der Postkonzern um 655 Millionen auf 4,88 Milliarden Franken auf. Bezahlt haben das die Kunden durch überhöhte Tarife. Fast eine Milliarde Gewinn hindert die Post aber nicht daran, ab 1. April bei diversen Dienstleistungen happige Aufschläge zu verlangen (siehe Kasten).

Voraussichtlich am 1. Juli will der Bundesrat das neue Postgesetz und die neue Verordnung in Kraft setzen. Beide Erlasse definieren viel detaillierter als bisher, was der Service public an Leistungen erbringen soll. Und das lässt keine grossen Hoffnungen aufkommen: Die neuen Gesetzesbestimmungen schützen die Kunden weder vor steten weiteren  Preisaufschlägen noch vor einem massiven Abbau von Poststellen und Dienstleistungen. Einige Beispiele:


Briefkästen
: Das neue Gesetz verlangt von der Post «öffentliche Briefeinwürfe in ausreichender Zahl, mindestens aber einen pro Ortschaft». Zurzeit betreibt die Post in der Schweiz noch rund 15 000 Briefkästen – 5000 weniger als 2006. Das neue Gesetz ermöglicht die Demontage von über 10 000 weiteren. Denn: Der verwendete Begriff «Ortschaft» ist in einer speziellen Verordnung definiert. Gemäss der Swisstopo, die das amtliche Ortschaftenverzeichnis führt, gibt es demnach 4309 Schweizer Ortschaften. Das ist die künftige Mindestzahl der Briefeinwürfe.


Poststellen
: In der Verordnung heisst es: «In jeder bewohnten Raumplanungsregion muss mindestens eine Poststelle vorhanden sein.» In der Schweiz existieren allerdings nur gerade 136 Raumplanungsregionen. Die Kantone Uri und Schaffhausen oder die Surselva stellen je eine Raumplanungsregion dar. Die Post könnte also im Kanton Schaffhausen eine einzige Poststelle betreiben und würde den Grundversorgungsauftrag noch erfüllen. Gesamtschweizerisch würden 136 Poststellen genügen. Zurzeit sind es 1851.


Erreichbarkeit
: Gemäss Verordnung muss das Poststellen- und Postagenturennetz «für 90 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von 20 Minuten erreichbar sein». Gemeint ist damit angeblich die Erreichbarkeit von Tür zu Tür. Trotzdem erlaubt eine Distanz von 20 Minuten mit dem öffentlichen Verkehr zur nächsten Post ein weiteres Ausdünnen des Netzes. Heutige Poststellen können zu Agenturen innerhalb von Dorfläden umgewandelt werden. Bereits existieren 427 solcher Agenturen mit einem gegenüber Poststellen reduzierten Dienstleistungsangebot. So sind in einer Agentur etwa Bareinzahlungen oder das Abholen gewisser Sendungen, wie etwa Betreibungsurkunden, Gerichtsurkunden, Nachnahmen und taxpflichtige Sendungen aus dem Ausland, nicht möglich.


Briefversand
: «Als Werk- und Aufgabetage gelten Montag bis Freitag ohne allgemeine Feiertage», wird in der Verordnung zur Beförderung von Postsendungen präzisiert. Das bedeutet: Die Post kann sich mehr Zeit nehmen für die Zustellung von Briefen und Paketen. Wird ein A-Post-Brief am Samstagmorgen eingeworfen, ist die Post nicht mehr verpflichtet, diesen am Montag zuzustellen. Dieser Passus erlaubt es, die Briefkästen am Wochenende nicht mehr zu leeren.

Diese Möglichkeiten, den Service public abzubauen, will die Post offensichtlich nutzen. In der Medienmitteilung zum Jahresab-schluss 2011 hält sie – trotz Riesengewinn – fest: «Die Post wird ihre Anstrengungen fortsetzen, das Netz laufend an das veränderte Kundenverhalten anzupassen und die Kosten zu senken.» Das kann nur heissen: weniger Poststellen, weniger Briefkästen und seltenere Leerungen.


Aktuelle Preiserhöhungen: «Gerne geben wir Ihnen auch 2012 den Tarif durch»


Im Dezember des letzten Jahres erhielt saldo eine Werbung der Post mit dem Titel: «Gerne geben wir Ihnen auch im 2012 den Tarif durch.» Ein schlechter Scherz? Nein, sie bringt die Geschäfts­politik der Post auch im neuen Jahr auf den Punkt: Per 1. April erhöht sie die Preise teilweise um bis zu 100 Prozent. Und die Eröffnung eines Postfachs ist nicht mehr gratis – obwohl damit die Heimzustellung der Sendungen entfällt. Mit den Aufschlägen will der Konzern seine Einnahmen um weitere 60 Millionen Franken erhöhen. Und das, obwohl der Gewinn in den letzten Jahren fast eine Milliarde betrug. Die wichtigsten Aufschläge im Überblick:

  • Eingeschriebene Briefe: Neu kostet das Einschreiben von Briefen 5 statt 4 Franken (Aufschlag 25 Prozent).
  • Zustellnachweis: Wer einen Nachweis möchte, dass der eingeschriebene Brief beim Empfänger angekommen ist, zahlt für den Rückschein bei Inlandsendungen zusätzlich neu 5 statt 3 Franken (plus 66 Prozent). Der Rückschein Ausland kostet neu sogar 6 statt 3 Franken, also doppelt so viel wie vorher.
  • Nachnahme: Sie kostet neu 23 statt wie bisher 15 Franken (plus 53 Prozent).
  • Pakete: Wer sein Paket auf dem schnellsten Weg ins Ausland schicken möchte, muss um bis zu 25 Prozent tiefer in die Tasche greifen. Postpac International Priority kostet künftig 51 bis 419 Franken statt 41 bis 415 Franken. Der Preis ist gewichts- und zonenabhängig. Die Schneckenpost-Variante – Postpac International Economy – schlägt um bis zu 19 Prozent auf: 44 bis 256 Franken statt wie früher 37 bis 252 Franken.
  • Nachsendeauftrag: Der Tarif für den Nachsendeauftrag bei einem Umzug steigt von 15 auf 30 Franken, wenn man den Auftrag übers Internet aufgibt. Am Schalter kostet ein Nachsendeauftrag sogar 42 Franken – 180 Prozent mehr als bisher. Wer nicht möchte, dass seine neue Adresse von der Post zu Werbezwecken weiterverkauft wird, zahlt neu 60 statt 30 Franken.
  • Post in die Ferien nachsenden: Wer sich die Post in den Ferien innerhalb der Schweiz für zwei Wochen nachsenden lässt und den Auftrag am Schalter aufgibt, zahlt künftig 22 statt 10 Franken (plus 120 Prozent).
  • Zurückbehalten der Post: Neu kostet es am Schalter 20 statt 10 Franken, wenn man die Post für zwei Wochen zurückbehalten lässt (plus 100 Prozent). Selbstbedienung im Internet kostet künftig mit 8 Franken etwas weniger.
  • Postfach: Bis anhin war ein Postfach kostenlos. Neu muss der Kunde am Schalter bei der Eröffnung 12 Franken zahlen. Nur wer ein Postfach via Website der Post beantragt, erhält es weiterhin kostenlos.
    Jedes weitere Postfach kostet im ersten Jahr 132 Franken und jedes weitere Jahr 120 Franken. Das Postfach Extra, das sich nicht in der Nähe des Wohnorts, sondern an einem anderen Ort befindet, kostet neu 147 Franken für die ersten 3 Monate und danach 135 Franken pro drei Monate.



Initiative: Spenden Sie für die Initiative


Mehr Service, weniger Profit bei Post und SBB – das verlangt die saldo-­Initiative «Pro Service public». Sie wird nicht aus Abo-Einnahmen finanziert. Wer das Engagement zur Verbesserung der Dienstleis­­tungen unterstützen will, kann dies mit einer Spende tun. Ein Einzahlungsschein findet sich auf dieser Seite.


Unser Spendenkonto:

PC 87-90734-9
Pro Service public
8032 Zürich